Der Bezirksbeirat Stuttgart-Nord appelliert an Oberbürgermeister Fritz Kuhn (Grüne) zu prüfen, wie die Bauabläufe beschleunigt werden können.

S-Nord - Von der Decke bröckelt der Putz, an den Fenstern kriecht Schimmel hoch. Den Geruch der Toilette können die Bilder, die Karin Winkler zeigt, nicht wiedergeben. „Er breitet sich über mehrere Stockwerke aus und ist unerträglich“, schildert die Schulleiterin des Eberhard-Ludwigs-Gymnasiums (Ebelu) die Situation. Sie nutzte die jüngste Sitzung des Bezirksbeirats Nord, um das Gremium aus erster Hand über die Probleme zu informieren, die die Verzögerung des Starts von Sanierung und Neubau ihrer Schule und für Lehrer, Schüler und Eltern mit sich bringt. Dass der Umzug nicht wie geplant in diesen Sommerferien, sondern erst in den Sommerferien nächstes Jahr in Angriff genommen werden kann, hängt auch damit zusammen, dass eine so große Aktion nur in den großen Ferien möglich ist.

 

Das Dilemma für das Gymnasium im Herdweg: Seit klar ist, dass neu gebaut und saniert wird, wurde nichts mehr in die Instandhaltung der Schule investiert. Und wegen des Einspruchs eines Nachbarn gegen den Bebauungssplan, durch den der Baustart vorerst gestoppt ist, müssen Schüler und Lehrer nun länger als gedacht unter den als unzumutbar empfundenen Bedingungen arbeiten. Außer dem Einspruch sieht Winkler als Ursache für die Verzögerung aber auch die Beteiligung zu vieler Ämter an dem Projekt, da vieles viel zu lange liegen bleibt (der Innenstadt-Teil der Stuttgarter Zeitung und Stuttgarter Nachrichten berichtete). Winkler: „Die Ämter stehen sich mit Maximalforderungen gegenseitig im Weg, weil das einen gigantischen Abstimmungsaufwand erfordert.“

Verwaltung räumt Versäumnisse ein

Stellung zur Kritik der Schulleiterin nahmen in der Sitzung auch Vertreter von Schulverwaltungs- und Hochbauamt. Sie räumten ein, dass der Einspruch des Nachbarn sich darauf gründet, dass„verschiedene Punkte des Bebauungsplans wie zum Beispiel der Lärmschutz“ nicht gründlich genug geprüft worden seien. „Wir sind jetzt dran, saubere Werte hinzubekommen und das Baugenehmigungsverfahren in Gang zu setzen.“ Betont wurde von den Behörden, dass man „lieber heute als morgen loslegen“ würde, jedoch keine Aufträge vergeben werden können, so lange die Stadt damit rechnen müsse, dass sich der Einspruch zur Klage gegen die Bebauungsplan auswächst.

Anna Kedziora, Bezirksbeirätin (Freie Wähler) und Elternbeirätin am Ebelu, kritisierte, dass die städtischen Ämter zu lange gewartet haben, um auf die Schwierigkeiten mit den Nachbarn zu reagieren. Timo Haug stellte fest: „Wir können eine Klage nicht verhindern, sondern nur an die Beteiligten appellieren, dass sich an einen Tisch zu setzen“, sagte der Christdemokrat. In einem Appell an den Nachbarn sieht auch Armin Serwani (FDP) die einzige Möglichkeit, das Ebelu zu unterstützen. Er bedauerte, dass eine Einzelperson soviel Macht habe, gegen Gesellschaft und Gemeinwohl zu handeln. Jürgen Klaffke (SÖS/Linke-plus) geht davon aus, dass eine Klage, die vom Gericht angenommen wird, auch Substanz hat, und will das Grundrecht auf Klage nicht ausgehebelt wissen. Obwohl sich auch seine Fraktion einen schnellen Baustart wünscht, stimmte sie aus diesem Grund gegen einen Antrag des Gremiums. Der wurde nach gut einer Stunde Diskussion gestellt und angenommen. Formuliert ist die „Bitte“ an den Nachbarn, seinen Einspruch zurückzunehmen, damit die unzumutbaren Zustände beendet und der Neubau begonnen werden kann. Außerdem wird Oberbürgermeister Fritz Kuhn (Grüne) als Spitze der Verwaltung gebeten zu prüfen, wie derlei Bauprozesse optimiert werden können.

Ein Zugeständnis der Verwaltung konnte Schulleiterin Winkler mit nach Hause nehmen: Bis zum Umzug soll Schadensbegrenzung im Altbau betrieben und das Nötigste in Ordnung gebracht werden. Für die Schulleiterin ist das zu wenig. „Ich will nicht mit dem Rollator zur Einweihung kommen“, stellte die 55-Jährige fest. Und sie will auch nicht mehr, dass ihre „großartige Schule mit den tollen jungen Menschen“ noch länger als Problemfall in der Öffentlichkeit wahrgenommen wird.