Die Stadt darf Alkoholwerbung nicht verbieten. Dasselbe gilt für ungesunde Lebensmittel und Tabakwaren. Ein Rechtsgutachten setzt den erzieherischen Absichten enge Grenzen.

Ein generelles Werbeverbot für Tabak und hochprozentigen Alkohol, zumindest aber rund um das Einzugsgebiet von Kitas und Schulen, ist der Wunsch der Gesundheitskonferenz der Stadt. Die Gleichstellungsbeauftragte Ursula Matschke fordert Werbung frei von Sexismus und Diskriminierung. Die Puls-Fraktion will auch keine Werbung mehr für Bier genehmigen, die Grünen keine für gesundheitsschädliche Süßgetränke. Der Verwaltung kommt jetzt die fast unlösbare Aufgabe zu, eine Vorlage zur inhaltlichen Gestaltung von Werbung vorzulegen. Doch sie kann aus juristischen Gründen gar nicht so hart mit der Werbung ins Gericht gehen, wie es einige der Ämter und des Gemeinderats gefordert haben.

 

Werbewirtschaft fordert Recht ein

Ausgelöst von der öffentlichen Diskussion hat sich der Zentralverband der deutschen Werbewirtschaft zu Wort gemeldet. Werbeverbote riefen Eingriffe in die Meinungsfreiheit, Berufsfreiheit, Eigentumsfreiheit und die Gleichbehandlung hervor, argumentiert der Verband in einem Brief an die Stadt und verweist auf ein Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Mannheim. Der hat 1992 geurteilt, dass Einschränkungen wie die nun gewünschten nicht zulässig sind.

Verbote sind rechtswidrig

Eine von der Stadt beauftragte Kanzlei kommt zur selben juristischen Einschätzung. Weil der Bund Werbung für Tabakerzeugnisse, alkoholhaltige Getränke und dick machende Lebensmittel abschließend geregelt habe, seien „weitergehende Beschränkungen in kommunalen Werbenutzungsverträgen unzulässig“. Lediglich hinsichtlich der Werbung für Glücksspiel sehen die Juristen Spielraum für ein Verbot im Umkreis von 200 Metern um Kinder- und Jugendeinrichtungen. Ein Werbeverbot zum Schutz Minderjähriger sei vermutlich mit den Grundrechten vereinbar. Die Werbung für Tabakerzeugnisse aus Gründen des Gesundheits- und Jugendschutzes schon ab Januar 2022 verbieten zu wollen, sei „in vollem Umfang unzulässig“ und wäre „von der Kompetenz der Stadt Stuttgart nicht gedeckt“.

Gemeinderat fordert einen Werbebeirat

Das gilt auch für Produktwerbung, die aus moralischen Gründen kritisiert wird, zum Beispiel für Kondome oder Sexspielzeug. „Für Werbung, die sexistisch oder diskriminierend ist, gilt das aber nicht“, sagt die Gleichstellungsbeauftragte Ursula Matschke. Jede Kampagne müsse darauf abgeklopft werden, betont sie. Allerdings bricht sie auch eine Lanze für die Werbewirtschaft: „Mehr als 120 Motive lehnen die Firmen jährlich von sich aus schon ab, weniger als 25 Prozent der Werbeinhalte haben zu einer Beanstandung geführt.“

Beschwerden gab es im vergangenen Jahr 498, davon 224 wegen Geschlechterdiskriminierung, 66 wegen Diskriminierung einer Personengruppe. Ethnische Herkunft (Rassismus), sexuelle Identität und Orientierung (Queerfeindlichkeit), Alter, körperliche und psychische Verfasstheit, Weltanschauung (Islamophobie, Antisemitismus), sozial-ökonomischer Status sind künftig weitere Kriterien, anhand derer Werbung auf diskriminierenden Gehalt geprüft wird. Ein Werbebeirat soll über zulässige Inhalte diskutieren. Das hatte die Gemeinderatsmehrheit von Grünen, Die Fraktion, SPD und Puls gefordert. Ihm sollen mindestens elf Ratsmitglieder angehören und das Amt für Sport und Bewegung, das Kulturamt, Stuttgart Marketing, in.Stuttgart sowie die SSB einbeziehen.