Trotz der heftigen Schelte aus der Immobilienbranche am geplanten 300 Millionen Euro teuren Verwaltungstrakt im Gewerbegebiet Vaihingen/Möhringen hüllen sich die Ratsfraktionen in Schweigen – mit einer Ausnahme.

Der geplante neue Verwaltungstrakt im Gewerbegebiet Möhringen/Vaihingen, in den diverse Ämter mit bis zu 2100 Beschäftigten umziehen sollen, scheint im Gemeinderat weitgehend konsensfähig. Die geäußerte Kritik aus der Immobilienbranche an der Standortentscheidung stößt zumindest bei der Mehrheit der Parteien im Rathaus auf taube Ohren. Lediglich die SPD-Fraktion hat sich nach dem Bericht unserer Zeitung zu Wort gemeldet und den Gemeinderatsbeschluss sowie ihre Haltung zu dem 300-Millionen-Euro-Projekt erläutert.

 

Die Fraktionsvorsitzenden Jasmin Meergans und Martin Körner betonten dabei, es sei noch keine Entscheidung über den Ankauf der beiden Immobilien gefallen, die die W2 Development der Stadt schlüsselfertig bis Ende 2024 übergeben will. „Wir haben dem Kauf noch nicht zugestimmt“, heißt es in einer Mail des SPD-Führungstandems. Bis zur endgültigen Entscheidung müsse das noch fehlende Finanzierungskonzept vorliegen: „Teil dieses Konzepts muss aus unserer Sicht auch eine neutrale und detaillierte Begründung dafür sein, dass der Kaufpreis nicht überteuert ist.“ Der Kaufpreis für die 35 000 Quadratmeter umfassenden modernen Büroflächen in Höhe von 300 Millionen Euro war von Branchenvertretern als überhöht kritisiert worden.

Neckarpark: Städtische Flächen zu klein für ein zweites Rathaus

Unterdessen werden weitere Fragen im Zusammenhang mit der Absicht des Rats, einen Office-Hub auf den Fildern anzusiedeln, aufgeworfen. Warum etwa wurde der ursprüngliche Plan, eine Art zweites Rathaus im Neckarpark als eine Art Lärmschutzriegel für die geplante Wohnungsbebauung dort, nicht weiterverfolgt? Und: Braucht man angesichts einer von der Stadt angepeilten Homeoffice-Quote von bis zu 40 Prozent überhaupt noch so viel neue Büroflächen?

Fakt ist: Die Stadt hat die Frage eines zweiten Rathauses im Neckarpark geprüft und dem Gemeinderat die Rahmenbedingungen auch dargestellt. Die am Neckarpark liegenden drei Grundstücke (Q 16, 17 und 18) gehören der Stadt und umfassen eine Gesamtfläche von 5000 Quadratmetern. Nach Angaben der Stadt könnten dort knapp 18 000 Quadratmeter Bruttogeschossfläche gebaut und rund 710 Arbeitsplätze untergebracht werden – mithin deutlich weniger als auf den Fildern. Ursprünglich hatte die CDU-Fraktion an dieser Stelle den Bau eines Verwaltungstrakts vorgeschlagen.

Stadt will trotz Homeoffice-Quote ausreichend Arbeitsplätze vorhalten

Auch hier hätte die Stadt mit einer Fertigstellung Ende 2024 kalkuliert. Doch aus dem Rathaus heißt es, angesichts der Wünsche und Forderungen auch des Gesamtpersonalrats nach möglichst vielen Arbeitsplätzen unter einem Dach sei die Fläche „zu klein“. Die Grundstücke sollen nach Informationen unserer Zeitung nun entweder verkauft oder im Erbbaurecht an Investoren vergeben werden. Immobilienexperten weisen zudem auf weitere citynahe Objekte hin, die als Verwaltungsgebäude infrage kämen, namentlich das Bollwerk-Areal – bisher Sitz der LBBW – an der Fritz-Elsas-Straße und das Uhland-Carré, indem bisher die Allianz residiert. Beide Objekte stünden zum Ankauf bereit und ließen sich ressourcensparend umbauen.

Auch die coronabedingte Zunahme von Homeoffice wird als Argument gegen die Schaffung von 2100 neuen Arbeitsplätzen ins Feld geführt. Aus dem Rathaus verlautet dagegen, dass man Arbeitsplätze in ausreichender Zahl trotz verstärkter Heimarbeit vorhalten müsse, die zudem den Anforderungen der Arbeitsstättenverordnung für Büroarbeitsplätze entsprechen müssten. Dies sei bei einem Neubau leichter umzusetzen. Zudem benötige man zusätzliches Personal: Allein bei den letzten Haushaltsberatungen hat der Gemeinderat knapp 1000 neue Stellen für die Verwaltung bewilligt.