„Was ist gute Unterhaltung?“ Eine unterhaltsame Debatte im Stuttgarter Theaterhaus findet darauf keine Antwort.

Stuttgart - Jetzt tritt der Mann von Arte ans Podium, Professor Andreas Schreitmüller, der Vertreter der Hochkultur, der nun gleich mit verächtlicher Miene auf alles herabschauen wird, was in den Ebenen der Populärkultur so herumwuselt und -  . . . Aber was sagt er da bloß!? Dass man Fernsehen schaue, „weil’s Spaß macht“; dass die „hochtrabenden Worte“ der ausgewiesenen Kulturjournale, wenn man sie eindampft, oft banal sind; dass für ihn, den Chef der Spielfilmabteilung, Kultur „kein Inhalt, sondern eine Methode sei“; dass demzufolge „mit jedem Inhalt gute Unterhaltung möglich ist“.

 

Nun soll Inga von Staden, Professorin für interaktive Medien an der Ludwigsburger Filmakademie, ihr Statement zur Frage „Was ist gute Unterhaltung?“ abliefern. Sie gibt bei dieser Veranstaltung im Theaterhaus aber erst mal einen Einblick in die sowieso nicht unter Hochkulturverdacht stehende Computerspielszene und stellt das Game „Plug’n Play“ von Michael Frei vor. Der allerdings versteht sich tatsächlich als Künstler, nicht als Kommerzbediener, und als die Szenegröße PewDiePie sein Game auf Youtube zum Erfolg spielte, konnte Frei das selber nicht recht fassen. Das war’s dann erst mal mit dem Staden-Statement, und man weiß jetzt nicht so genau, was sie damit eigentlich sagen wollte.

In diese Ratlosigkeit hinein poltert Michael Gaedt von der Kleinen Tierschau, der für die erkrankte Cordula Stratmann eingesprungen ist. Einspringen fasst der Entertainer buchstäblich auf, es hält ihn nichts auf seinem Sitz, es muss immer was raus, laut und leidenschaftlich. Aber noch gelingt es der StZ-Mitarbeiterin und Moderatorin Adrienne Braun, die große Rampensau Gaedt ein bisschen zu gängeln und seine Was-sollte-das-eigentlich-bedeuten?-Frage an von Staden zu ignorieren. An diesem Abend, der Nummer drei eines vom Ludwigsburger Institut für Kulturmanagement organisierten „Diskurses in fünf Akten“, wird die gute Unterhaltung auf recht unterhaltsame Weise nicht definiert werden können. Und das liegt unter anderem daran, dass zwar oft von der Kluft zwischen oben und unten die Rede ist, sich aber keiner zur Hochkultur bekennen will.

Gaedt: „Ich kann’s Ihnen nicht sagen, ich mache es!“

Im Theater- oder Museumsbetrieb gebe es diese Kluft auf jeden Fall, konstatiert Adrienne Braun. Keiner der Diskutanten steigt darauf ein. Zu viele Akademiker in den Institutionen? Nein, nicht bei Arte, sagt Schreitmüller. Nein, nein, nicht an der Filmakademie, sagt von Staden. Und wie geht man ran an die Unterhaltung? Mit Intuition und Erfahrung, sagt Schreitmüller. Gaedt ruft euphorisch: „Ich kann’s Ihnen nicht sagen, ich mache es!“ Dann Inga von Staden: „Es ist gute Unterhaltung, wenn es sinnstiftend ist!“ Dabei spiele ein Referenzsystem eine Rolle, ein Wissen darüber, was man etwa an Bildung voraussetzen könne und – . . . Gaedt unterbricht: „Ich brauche kein Referenzsystem. Ich habe ein Herz, ich habe Emotionen.“

Hier kommt niemand durch mit einer Theorie, der brachiale Gaedt schießt alles ab, was höher fliegen will als er. Hie und da trifft er auch, etwa als Schreitmüller sagt, man dürfe den Zuschauer nicht belehren, und Gaedt erwidert, ihm gefalle die aufklärerische „Sendung mit der Maus“. Dass ein „Nummer-Eins-Hit aus Hollywood“ nicht blöd sei, „bloß weil er Erfolg hat“, und ein Jazzkonzert nicht besser, „weil der Saal leergespielt wird“, auch das könnte man unterschreiben. Die referenz- und voraussetzungslose Rezeption dagegen, die Gaedt vertritt, ist eher naiver Wunsch als reale Möglichkeit. Es gehe bei der guten Unterhaltung nicht bloß um ein Bauchgefühl, sondern um ein „Wechselspiel zwischen Intuition und Reflexion“, mischt sich beim Gespräch mit Publikum schließlich Thomas Knubben vom Institut für Kulturmanagement ein. Und Gaedt befiehlt: „Erzähl etwas, nimm das Publikum mit!“ Und auch noch, dass –  . . . Aber jetzt mal Schluss mit Gaedt!