Der Dachswaldweg wird derzeit ausgebaut – jedoch völlig anders als beschlossen. Jahre hatte es gedauert, bis ein Konsens gefunden war und die Straße in Angriff genommen wurde.

Dachswald - Sigrid Beckmann und Anna Deparnay-Grunenberg sind fassungslos. „Der Ausbau wird nicht so umgesetzt, wie er beschlossen worden ist“, sagt Sigrid Beckmann, die Vorsitzende des Bürgervereins. Die Rede ist vom Ausbau des Dachswaldwegs. Weil es sich um eine Ersterschließung handelt, werden die Anwohner zur Kasse gebeten. Jahre hatte es gedauert, bis ein Konsens gefunden war und die Straße in Angriff genommen wurde.

 

Dieser Konsens sah so aus: Die Straße sollte fünf Meter breit sein. Darüber hinaus sollte im vorderen und im hinteren Teil eine verkehrsberuhigte Zone ausgewiesen werden. Die Einfahrt zum Dachswaldweg sollte verengt werden, um die Autofahrer auszubremsen. Doch weder die Gehwegnasen noch der verkehrsberuhigte Bereich zwischen dem Bahndurchgang und der Barchetstraße werden nun in der Form realisiert, wie geplant.

„Die Lebensqualität ist nicht besser als vorher“

Grund ist eine Verkehrszählung, von der, wie Beckmann sagt, „kein Gremium und kein Anlieger gewusst hat“. Das Ergebnis: für einen verkehrsberuhigten Bereich rollen zu viele Autos durch den Dachswaldweg. Laut Beckmann ist die Zählung jedoch weder repräsentativ noch angemessen, weil sie in den Ferien gemacht worden war. „In diesen Zeiten sind auf der Straße vor allem auch Menschen aus anderen Wohngebieten unterwegs, weil im Waldheim entsprechende Ferienangebote stattfinden.“

Anna Deparnay-Grunenberg findet die jüngsten Entwicklungen ebenfalls „zum Heulen“. Sie wohnt mit ihrer Familie im Dachswald und kennt die Gefahren für Fußgänger aus eigener Erfahrung. Jahrelang hatte sie dort einen Gehweg gefordert, immer wieder seien die Bürger vertröstet worden. Als 2011 dann die Entscheidung gefallen war, „hatte man gedacht, man wird für sein Durchhaltevermögen belohnt“.

Doch inzwischen sieht die Realität anders aus, zum Bedauern der Bürger und Anwohner, die sich unter anderem auch an die Sprecher des Bezirksbeirats und die Stadtverwaltung gewandt haben. „Die Lebensqualität ist nicht besser als vorher“, sagt die Grünen-Stadträtin.

Vorschläge der Anwohner wurden komplett ignoriert

Sigrid Beckmann geht noch einen Schritt weiter. „Den frischen Wind, den sich so viele im Rathaus gewünscht haben, der wird vom Amt für öffentliche Ordnung ausgebremst“, sagt sie. Die Verkehrsführung ohne Verkehrsberuhigung und Gehwegnase sei eine Gefahr für die Kinder. Eine Gefahr, die die Bürger nicht einfach hinnehmen wollen.

Vorschläge komplett ignoriert

Schon in der nächsten Sitzung des Bezirksbeirats am Dienstag wollen sich die Dachswälder beim Tagesordnungspunkt „Fünf Minuten für Bürger“ zu Wort melden. Zum anderen soll der Ausbau in der Dezembersitzung auf der Tagesordnung stehen. Ein Vertreter des Ordnungsamts soll dann Rede und Antwort stehen. Dafür hat der SPD-Bezirksbeirat Sven Ostertag bereits mit Bezirksvorsteher Wolfgang Meinhardt Kontakt aufgenommen. Er war, wie er erzählt, von Anwohnern angesprochen worden und hatte die Situation vor Ort selbst unter die Lupe genommen. „Wenn sich rechtlich im Verlauf einer Planung etwas ändert, dann muss der Bezirksbeirat in Kenntnis gesetzt werden“, sagt Ostertag. Die konstruktiven Vorschläge der Anwohner seien komplett ignoriert worden.

Die SPD-Stadträtin Roswitha Blind sieht es ähnlich. „Die Fußgänger dürfen in einer Straße ohne Gehweg, in der Tempo 30 gilt, nicht zum Freiwild gemacht werden“, sagt sie. Daher will sie, wie sie sagt, nicht locker lassen, bis eine Lösung zur Reduzierung der Geschwindigkeit gefunden ist. Nach einem Gespräch mit dem Ordnungsbürgermeister Martin Schairer in der vergangenen Woche sei sie jedoch optimistisch, dass ein Tempo-10-Schild aufgestellt werden könnte. „Wenn das eine nicht geht, dann muss man ein anderes Instrument wählen“, sagt sie.

„Wir sind noch gar nicht fertig“

Auf Anfrage unserer Zeitung nehmen sowohl das Tiefbauamt als auch das Amt für öffentliche Ordnung Stellung. „Wir sind noch gar nicht fertig“, sagt Frank Hüttner vom Tiefbauamt. Der Einmündungsbereich werde, so hofft Hüttner, noch in diesem Jahr erhöht und ein vier Zentimeter hoher Randstein durchgezogen bis zur Ampel am Bahndurchlass. So bekommen die Autofahrer den Eindruck, sie müssen den Gehweg queren, wenn sie in den Dachswaldweg einfahren und werden ausgebremst.

Aufenthaltsqualität nicht gegeben

Bernd Eichenauer vom Amt für öffentliche Ordnung, der selbst regelmäßig im Dachswaldweg unterwegs ist, erklärt es so: „Die Straße war letztlich schon immer eine funktionierende Multifläche.“ Im Bereich des Waldheims werde, wie beschlossen, ein verkehrsberuhigter Bereich eingerichtet. Der vordere Bereich sei wegen des hohen Verkehrsaufkommens für eine Spielstraße jedoch nicht geeignet. Die Anwohner gehörten dann vermutlich mit zu denjenigen, die bei einer Geschwindigkeitskontrolle als erstes geblitzt würden. Edgar Riester, ebenfalls vom Ordnungsamt, erklärt die Definition einer Spielstraße: „Sie suggeriert eine hohe Aufenthaltsqualität, die aber wegen der vielen Fahrzeuge in diesem Fall nicht gegeben ist.“ Derzeit werde, so Eichenauer, intern geprüft, ob es nicht doch eine Alternative geben kann. „Wir sind schließlich auch daran interessiert, eine stabile Regelung hinzubekommen“, sagt Eichenauer.

Eine konkrete Antwort, wie es 2011 überhaupt dazu kommen konnte, den vorderen Bereich als Spielstraße ausweisen zu wollen, ist Eichenauer jedoch nicht zu entlocken. Stattdessen sagt er: „Wir sind rechtlich in der Verantwortung. Wenn sich Dinge ändern oder wir Bedenken haben, müssen wir handeln.“ Und eben weil es Bedenken gegeben habe, seien die Fahrzeuge gezählt worden.