Im Umkehrschluss wäre es dann auch schwer hinzubekommen, dass Seehofer Anfang Dezember zum CDU-Parteitag nach Essen kommt, wo Merkels Wiederwahl als Bundesvorsitzende ansteht und ihre erneute Kanzlerkandidatur ausgerufen werden könnte. Ohne sichtbare Rückendeckung durch die CSU könnte Merkel sich eventuell gegen einen erneuten Griff zur Macht entscheiden. Weil es eben noch keine Einigung gibt, so heißt es aus dem Kanzleramt, lässt Merkel ihre erneute Kandidatur weiter offen. Auch beim JU-Tag kam sie dem offen geäußerten Wunsch nach Klarheit in der Kandidatenfrage nicht nach.

 

In der CDU wird die Dringlichkeit, den wunden Punkt zwischen beiden Schwesterparteien zu heilen, dagegen unterschiedlich eingeschätzt. „Wer wen wann zum Parteitag einlädt, ist nachrangig“, meint etwa Generalsekretär Tauber: „Wichtiger ist ein Signal der Verständigung, und da sind wir auf einem guten Weg.“ Das soll wohl heißen, dass eine schnelle Lösung, die nur auf die Choreografie der Parteitage zielt, wenig bringt. Gegenüber dem „Tagesspiegel“ mahnte Tauber am Sonntag eine Einigung „bis zum Jahreswechsel“ an. Paul Ziemiak, Bundeschef der Jugendorganisation, ist anderer Meinung: „Wir brauchen eine Einigung spätestens zum CDU-Parteitag.“ Wer Merkels Paderborner Rede verfolgt hat, kann kaum Zweifel daran hegen, dass sie eine vierte Amtszeit anstrebt. Als die Kanzlerin sagte, dass sich „in den nächsten fünf Jahren“ entscheide, ob Deutschland auch im Digitalzeitalter erfolgreich sein könne, klang das, als wolle sie diese Zeit aktiv mitgestalten. Und sie sprach so engagiert über die nächste Wahl, bei der es gelte, „mit einer starken CDU und einer starken CSU Rot-Rot-Grün in Deutschland zu verhindern“, dass kaum einer der Anwesenden ihre Rolle mehr infrage stellen mochte.

CSU-Generalsekretär Scheuer nahm fast schon die Kandidatenkür vor, als er die Kritik eines CSU-Delegierten konterte, der der CDU „eine desolate Parteiführung“ bescheinigte. Dann setzte Scheuer sogar noch hinzu, die Union müsse auch nach 2017 „die Kanzlerin stellen“. Aber da ist eben noch die Geschichte mit der Obergrenze, die dem im Wege steht.