Dissertation von Matthias Pröfrock "Es wurde durchgängig auf vielen Seiten abgeschrieben"

Die juristische Fakultät der Universität Tübingen prüft die Plagiatsvorwürfe gegen den Waiblinger CDU-Abgeordneten Matthias Pröfrock.
Tübingen - Die Vorwürfe gegen Politiker wegen Plagiaten in Doktorarbeiten sind um einen Fall reicher. Dem bei der Landtagswahl am 27. März direkt gewählten Waiblinger CDU-Abgeordneten Matthias Pröfrock wird vorgeworfen, in Teilen seiner juristischen Dissertation zahlreiche Textpassagen fremder Autoren ohne Kennzeichnung verwendet zu haben. "Es wurde durchgängig auf vielen Seiten abgeschrieben", erklären die Autoren der Internetplattform VroniPlag Wiki. Mehr als ein Viertel der rund 200-seitigen Arbeit mit dem Titel "Energieversorgungssicherheit im Recht der Europäischen Union" sei mittlerweile als Plagiat entlarvt. Auf manchen Seiten der von dem inzwischen emeritierten Völkerrechtler Wolfgang Graf Vitzthum begutachteten Promotion stamme "nur ein einziger Satz vom Autor".
Matthias Pröfrock selbst räumt ein, dass "insbesondere bei Passagen, die aus dem Internet zitiert worden sind, Fehler aufgetreten sind". Diese jedoch habe er nicht bewusst oder vorsätzlich herbeigeführt. Er könne sie sich "nur durch mangelnde Sorgfalt oder übereiltes Handeln erklären". Ob dies die gesamte Arbeit entwerten könne, darüber müssten andere befinden. Er habe sowohl die Dekanin der juristischen Fakultät der Universität Tübingen als auch seinen Doktorvater umgehend informiert. Jetzt gelte es, das Ergebnis der Prüfung abzuwarten. "Über ein ,Was wäre wenn?' zu diskutieren, macht keinen Sinn", sagt der 33-Jährige.
Politiker im Umfeld des Doktors bewerten die Vorwürfe unterschiedlich. Eine Überprüfung durch die Uni Tübingen bezeichnet der CDU-Kreisvorsitzende und Bundestagsabgeordnete Joachim Pfeiffer als den "richtigen Weg, die Fragen, die mit der Erstellung der Doktorarbeit verbunden sind, klären zu lassen". Es handele sich um "ein laufendes Verfahren, zu dem wir keinen Kommentar und keine Bewertung abgeben". Bei der CDU-Landesgeschäftsstelle wollte sich niemand zum Fall Pröfrock äußern. "Wir werden zu dem Vorgang im Moment nichts sagen", so der Sprecher Andreas Mair am Tinkhof.
"So etwas ist nicht zu entschuldigen"
Katrin Altpeter, die stellvertretende Fraktionsvorsitzende der SPD im Landtag und Gegenkandidatin von Pröfrock im Wahlkreis Waiblingen, will nicht spekulieren. Der Beschuldigte müsse jetzt alles tun, um zur Aufklärung des Sachverhalts beizutragen. Sollte sich der Plagiatsverdacht erhärten, müsse er selbst entscheiden, wie er damit umgehe.
Für Willi Halder, den neu gewählten Landtagsabgeordneten der Grünen im Waiblinger Wahlkreis, ist die Sache hingegen klar: "Wenn die Vorwürfe berechtigt sind, sollte er die Konsequenzen ziehen. So etwas ist nicht zu entschuldigen." Im Hinblick darauf, dass Pröfrock seinen Doktortitel auf den Plakaten für die Landtagswahl abgedruckt hatte, sagt Halder: "Akademische Titel sind auf den Wahlplakaten unserer Partei nicht üblich." Ein weiterer Kandidat aus dem Wahlkreis, der Justizminister und FDP-Landtagsabgeordnete Ulrich Goll, will sich zu der Sache nicht äußern. Vor kurzem hatte Goll, der auch einen Doktortitel trägt, jedoch im Zusammenhang mit der Affäre um den damaligen Verteidigungsministers zu Guttenberg gegenüber unserer Zeitung gesagt: "Wer wirklich will, hat kein Problem damit, korrekt zu zitieren."
Ein Sprecher der Uni Tübingen bestätigte, dass die Vorwürfe intern geprüft würden. Der Fall werde der "Kommission zur Untersuchung von Fehlverhalten in der Wissenschaft" nicht öffentlich vorgetragen, die weitere Schritte prüfe. Beurteilen wolle man die Sache erst, wenn Ergebnisse vorlägen. Die Überprüfung sei indes eine Frage von Wochen.
Die Frage, ob Matthias Pröfrock sein Landtagsmandat antreten soll, halten die Aktivisten von VroniPlag Wiki für beantwortet. Pröfrock habe eine "schwerwiegende und umfangreiche Täuschung" begangen, er eigne sich "in keinem Fall zur Bekleidung eines politischen Amtes mit Verantwortung". Sollte er aufgrund der Vorwürfe sein Mandat nicht annehmen, so würde seine Zweitkandidatin, die 45-jährige Winnender Stadträtin Wiebke Elzer, nachrücken.
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