Thomas Wolf will mit einer sehr konkreten Idee die kreisweit älteste Einrichtung ihrer Art in die Zukunft führen.

Das wird teuer für die Stadt. Mit dieser Kernaussage ist Thomas Wolf vor der Sommerpause ins Amt gestartet. Und auch jetzt, nach der ersten Einarbeitung, wiederholt er diese Worte. Er sagt sie zwar lachend, aber er meint sie schon auch ernst.

 

Thomas Wolf steht an der Spitze des Trägervereins der Jugendmusikschule Ditzingen. Im Mai hatte er das Amt von Hubertus Schwinge übernommen, der nach 20 Jahren nicht mehr kandidiert hatte.

Kein Unbekannter in der Stadt

Der neue Vereinsvorsitzende ist wahrlich kein Unbekannter in der Stadt. Fast vier Jahrzehnte war er als Amtsleiter für Kultur, Sport, Bildung und Betreuung verantwortlich. Er kreierte neue Veranstaltungsformate, bot jungen Musikern eine Bühne und vertrat die Stadt in der Kulturregion. Auch mit Projekten im regionalen Kontext forderte er die Ditzinger, mutete ihnen Neues und das Unbekannte zu. Nicht allen gefiel das immer im Detail, aber Wolf ließ sich im Grundsatz nicht beirren. Auch dafür wurde ihm, der letztlich ein stetig gewachsenes Amt über Jahrzehnte hinweg innegehabt hatte, Wertschätzung auch im Gemeinderat zuteil.

Als Amtsleiter bei der Stadt ging Wolf vergangenes Jahr in Pension. Er signalisierte aber immer auch, sich weiter einbringen zu wollen an dem Ort, in dem er wohnt und an dem er so lange gewirkt hatte. Hubertus Schwinge hingegen hatte lange nach einem Nachfolger gesucht – so kam eins zum anderen. Die Wahl Wolfs war dann auch keine Überraschung mehr. „Ich habe das Potenzial gesehen, etwas verändern zu können“, sagt Wolf über seine Motivation. Zumal ihm „Musik insgesamt als Thema am Herzen liegt“.

Die vergangenen Monate hat er genutzt , sich einzuarbeiten. Er will nun gemeinsam mit dem Musikschulleiter Manfred Frank im kommenden Jahr ein Konzept vorlegen, wie die Jugendmusikschule der Zukunft aussehen kann. Klar ist schon lange, dass die Einrichtung neue, zumindest weitere Räume benötigt. Manches davon wurde auch schon laut im Gemeinderat überlegt, etwa der Umzug der Jugendmusikschule aus dem Schulzentrum in das Gebäude der Wilhelmschule. Diese Grundschule und das Sonderpädagogische Bildungs- und Beratungszentrum werden mittelfristig aus der Ortsmitte an den Ostrand der Kernstadt ziehen.

Wie sieht der Unterrichtsraum der Zukunft aus?

Offener solle die Jugendmusikschule werden, sagt Wolf. Wenn 2026 der Rechtsanspruch für Grundschüler auf eine Ganztagsbetreuung kommt, sollte Musikunterricht zum einen nicht auch noch mit Schule in Verbindung gebracht werden, sagt Wolf. Er denkt vielmehr an ein Kulturzentrum, in dem selbstverständlich wie bisher weiterhin kostenpflichtiger Unterricht angeboten werde. In dem es aber eben auch einen offenen Bereich geben, „ohne dass jemand sagt, du störst mich“. Zudem sollen dort sogenannte Übezellen integriert werden: Probenräume also, die technisch so ausgerüstet sind, dass E-Musiker mit Kopfhörer proben können, die aber auch schallisoliert sind.

Dahinter steckt die Frage, wie der Unterrichtsraum der Zukunft aussehen soll. Solche Übezellen, wie sie es bereits zum Beispiel an Musikhochschulen gibt, könnten oder sollten vielleicht auch in einem Kulturzentrum in der Nutzung kostenlos für alle Bewohner Ditzingens sein, formuliert Wolf seine Überlegung:

Die Einrichtung stünde allen offen, Jungen, Alten, Ditzingern, Flüchtlingen, Menschen mit Behinderungen – auf diese Weise würde sich die Einrichtung mit ihrem Unterrichtsangebot öffnen, um neue Schüler – Kinder, Jugendliche, Erwachsene – zu gewinnen. Sie würde zugleich aber eben auch als Zentrum für Kultur im gesamten Ort wahrgenommen. Dabei steht für Wolf außer Frage, dass in einem solchen Kulturzentrum Platz für kulturelle Angebote wäre, die in in der Stadt bislang kaum gemacht werden, beispielsweise in der Sparte Theaterpädagogik.

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Mehr Sparten, mehr Kooperationen, nicht allein auf klassische Musik konzentriert; Erwartungshaltungen brechen, Unerwartetes zusammenbringen, mit Highlights in der Öffentlichkeit präsent sein: Ob und wenn ja, in welcher Form sich diese Pläne mittel- oder auch langfristig umsetzen lassen, wird letztlich der Gemeinderat zu entscheiden haben. Aber genau deshalb wollten er und Schulleiter Manfred Frank „versuchen, eine Rahmenkonzeption der Verwaltung bereits nächstes Jahr zur Verfügung zu stellen“.

Letztlich wird es dann darum gehen, Verwaltung und Gemeinderat zu überzeugen von einer Einrichtung, die sowohl für Nutzer als auch Lehrkräfte Zukunft hat. Doch Wolf hat als Amtsleiter Verwaltungserfahrung. Und er weiß, wie der Gemeinderat denkt: Schließlich hatte er als Amtsleiter dem Gremium häufig neue – in der Schulentwicklung auch kostspielige – Projekte zu unterbreiten. Er weiß also, wie er argumentieren muss, um zu bekommen, was ihm vorschwebt. Wolf sagt das nicht so, er sagt lieber, für die Stadt werde es teuer. Es sei klar, dass es Diskussionen geben werde, sagt Wolf. Aber „ich freu mich drauf“.

Der Verein ist gefordert

Er verhehlt allerdings nicht, dass er dabei auf den 75 Mitglieder zählenden Verein setzt, dem er vorsitzt. Dieser müsse schließlich einen Mehrwert für die Musikschule haben. Nur so unterscheide sie sich von einer kommunalen Einrichtung. Die Ditzinger wurde 1955 gegründet und ist die Älteste ihrer Art im Landkreis Ludwigsburg.

Mit all diesen Ideen verfolgt Wolf ein Ziel: Es soll wieder tönen in der Stadt. Aus den offenen Fenstern, in den Wohnungen und Häusern. Denn „es tönt nicht mehr“, stellt er fest. Mit welcher Berechtigung nenne sich Ditzingen dann aber noch Stadt der Musik, „wenn sie doch gar nicht klingt“. Dass er mit solchen Aussagen und Ideen provoziert, weiß Wolf. Er sagt: „Da wo’s scheppert, kann auch Musik entstehen.“