In der Ditzinger Innenstadt auf dem Laien haben sich mehr als 50 Vögel häuslich eingerichtet. Mit einem Hilfsmittel aus der Küche will der Tierschutzverein die Tiere jetzt weglocken. Andernorts hält man wenig von solchen Methoden.

Ditzingen - Sie kommen zu Dutzenden, richten sich häuslich ein, sind aber vielerorts lästige und daher ungebetene Gäste: Tauben mögen knuffig aussehen mit ihren Knopfaugen und dem ständigen Kopfnicken – doch ihre Hinterlassenschaften sind ein Ärgernis für Kommunen und ihre Bewohner. Wie zum Beispiel in der Ditzinger Innenstadt auf dem Laien.

 

Eine Sache hassen Tauben sehr

Mehr als 50 Tauben bevölkern derzeit das Dach des Rathauses, der Bibliothek, des Stadtmuseums, des Hauses der sozialen Dienste und eines Gastronomiebetriebs. Jeder Vogel produziert im Jahr rund zwölf Kilogramm Mist. Im Dachstock des Hauses der sozialen Dienste hatten sich die Tiere sogar eingenistet. Das fanden die Mitarbeiter, die in dem Gebäude ihre Büros haben, besonders unangenehm. Jetzt ist der Zugang zu. Laut eines Sprechers der Stadt kosteten die Sonderreinigung des Dachstocks sowie die Reinigung der Fenster rund 8000 Euro. Die Stadt will die Tiere nun unbedingt loswerden – und setzt ihre Hoffnung auf ein unkonventionelles Projekt des Ditzinger Tierschutzvereins.

Mit Hilfe von Salatsieben sollen die Tiere in den Taubenschlag am Fuchsbau umziehen. Das Gebäude in der Leonberger Straße ist rund 150 Meter entfernt, den Taubenschlag mit Futter und guten Bedingungen zur Brut gibt es seit Herbst 2014. Elf Siebe hängen an den Abwasserrohren städtischer Gebäude sowie an Lichtmasten, sagt die Vorsitzende des Tierschutzvereins, Giesela Mayer. In den Sieben ist Futter, zusammen bilden sie eine Futterspur zum Fuchsbau. Die Anwohner können die Umsiedlung unterstützen: „Sie bringen zum Beispiel auf Balkonen im Wind frei bewegliche Elemente an“, sagt Giesela Mayer. Das würden Tauben nicht mögen, so kämen sie nicht auf die Idee, sich auf dem Weg zum Fuchsbau einen neuen Standort zu suchen.

Viel Geduld ist nötig, die sich aber auszahlen könnte

Das Projekt ist auf zwei Jahre angelegt. Denn Tauben umzusiedeln, erfordert Geduld: „Die Tiere sind sehr standorttreu“, sagt Giesela Mayer – aber auch lernfähig. Sie ist vom Erfolg der Aktion überzeugt: Vor einigen Jahren hatten sie und weitere Tierschützer die Vögel vom Bahnhof weggelockt. Mehr als sechs Monate lang legten sie alle zwei Schritte ein Häufchen Futter auf den Boden. Momentan sind im Taubenschlag 120 bis 140 Tiere. Um die Population einzudämmen, werden ihre Eier gegen Gipseier getauscht. Eine Taube brütet im Jahr rund 22 Eier aus. Auch der rund 56 000 Euro teure Turm am westlichen Ortsrand zieht seit 2017 jede Mengen Tauben an, die dann nicht mehr die Zisternen und Fotovoltaikanlagen im nahe gelegenen Baugebiet mit Kot verunstalten.

Die Stadt schätzt die Arbeit des Tierschutzvereins. Die Mitglieder hätten Expertenwissen und Kompetenz, sagt ein Sprecher. Und die Verwaltung fährt nach eigenen Angaben mit der Sieb-Lösung deutlich günstiger, als wenn sie bei der Umsiedlung der Tauben den Betriebshof und Fachunternehmen bemüht hätte. Der Tierschutzverein erhält für seinen Einsatz eine Pauschale von mehreren Hundert Euro.

Ein Schwerpunkt in der Barockstadt

Die Stadt Ludwigsburg lehnt Taubenschläge mittlerweile ab. Der zeitliche und personelle Aufwand für Umsiedlung und Betreuung sei zu hoch. „Unserer Erfahrung nach gibt es keine wirklich tauglichen Maßnahmen“, heißt es aus der Stadtverwaltung, Tauben ließen sich auch nicht über eine größere Entfernung umsiedeln. Ohnehin habe Ludwigsburg kein Taubenproblem, lediglich sei der Marktplatz ein Schwerpunkt. Der Hauptgrund dürfte das „hohe Nahrungsangebot“ sein: Wo viele Menschen sind, fällt viel Essen auf den Boden. Grundsätzlich ist es in Ludwigsburg verboten, Tauben zu füttern – wie in Stuttgart (Bußgeld: 35 Euro). Damit wollen Städte den Bestand an Tauben auf einem gleichbleibenden Niveau halten.

Laut dem Bundesministerium für Gesundheit ist eine Gesundheitsgefährdung durch Tauben weitgehend ausgeschlossen. Krankheitserreger im Kot können in der Regel nicht auf Menschen übertragen werden. Jedoch wachsen auf festem Vogelkot gelegentlich Hefepilze. Ein Pilz kann dem Robert-Koch-Institut zufolge bei Menschen eine gefährliche Hirnhautentzündung auslösen. Wer alten Taubenkot entfernt, trägt also besser einen Atemschutz.