Thales Deutschland wird Gewerbesteuern in die Ditzinger Stadtkasse spülen. So groß die Freude darüber ist: die Vorstellung, dass Panzer auf das Gelände kommen, schürt auch Ängste. Wir haben mit dem Deutschlandchef von Thales gesprochen.

Ditzingen – Thales Deutschland wird Gewerbesteuern in die Ditzinger Stadtkasse spülen. So groß die Freude darüber ist: die Vorstellung, dass Panzer auf das Gelände kommen, schürt auch Ängste. Der Deutschland-Chef Peter Obermark erklärt, warum er es dennoch für nötig hält.
Herr Obermark, wird Ditzingen zum Truppenübungsplatz, wenn Thales kommt?
Nein, das wird es ganz bestimmt nicht. Ditzingen wird ein Thales-Standort, an dem wir die Geschäfte von Stuttgart, Pforzheim und Korntal bündeln. Das heißt, zwei Drittel des Unternehmens werden sich mit der Entwicklung von Bahnsignaltechnik befassen und ein Drittel mit Verteidigungs- und Luftfahrtelektronik.

Was bedeutet das konkret?
Im Bereich Verteidigungselektronik geht es um Themen wie Kommunikations- und Aufklärungstechnik, zum Beispiel Funk- und Radargeräte für militärische wie auch zivile Anwendungen – wie etwa unser Kommunikationsmanagementsystem Norumat. Dabei handelt es sich um eine Kommunikationslösung für Notrufeinsatzzentralen der Polizei und Feuerwehren.

Was passiert in den anderen Bereichen?
In der Luftfahrttechnik befassen wir uns mit Navigationssystemen für Flughäfen, also den Anflughilfen für Flugzeuge im zivilen Luftverkehr, und mit dem Projekt Galileo, dem europäischen Parallelvorhaben zum amerikanischen GPS System. Wir integrieren das Bodensegment.

Thales ist aber ein Rüstungskonzern. Viele Bürger haben Angst. Müssen die Ditzinger um ihre Sicherheit bangen?
Thales Deutschland ist kein Rüstungskonzern, sondern ein Elektronikkonzern, der unter anderem auch Rüstungselektronik zu seinen Aktivitäten zählt. Waffentechnologien wie etwa Flugabwehrraketen haben wir in Deutschland nicht im Portfolio.

Wann rollen die ersten Panzer auf dem Thales-Gelände ?
Es werden keine Panzer auf dem Gelände fahren. Wir entwickeln Modelleinbaulösungen für Kommunikationsanlagen in militärischen Fahrzeugen. Dies bezieht sich in der Hauptsache auf Aufklärungsfahrzeuge. Es gibt Radfahrzeuge und zwei Typen von Kettenfahrzeugen, die auch ab und zu auf unser Gelände kommen.

Also sind doch Panzer auf dem Gelände.
Man muss sich das so vorstellen: wir machen Mustereinbauten für Kommunikations- und Radargeräte an Typfahrzeugen. Zum Beispiel ein solches Boxer- oder Dingo-Typfahrzeug wird dafür zu Thales kommen. Wir bauen die Funkgeräte exemplarisch ein und testen, wie sie später in der Produktion bei einem Fahrzeughersteller, wie etwa Krauss-Maffei-Wegmann, eingebaut werden. Aber Kampfpanzer werden nicht in Ditzingen auftauchen.

Die Zufahrt wird aber sehr stabil ausgebaut.
Wenn ein Kettenfahrzeug zu Thales kommt, darf dieses nicht im öffentlichen Straßenverkehr fahren. Es wird auf einem Tieflader angeliefert. Bei Fahrzeugklassen wie etwa dem Spähpanzer Marder, der ein Geschütz hat, werden die Waffen vorher beim Kunden ausgebaut. Die Waffen kommen gar nicht nach Ditzingen. Waffen und Munition werden weder nach Ditzingen kommen geschweige denn dort lagern.

Können Sie die Angst der Bürger verstehen?
Wenn wir hier Waffen und Munition produzieren oder lagern würden, könnte ich es verstehen, dass sie sich darüber Gedanken machen. Aber dies ist ja nicht der Fall.

Sie sehen keine Notwendigkeit, der Angst zu begegnen , etwa beim Tag der offenen Tür?
Natürlich ist so etwas denkbar. Aber ich habe eine ganz andere Information. Viele der Ditzinger Bürger arbeiten sogar bei uns, beziehungsweise bei einem unserer Vorgängerunternehmen wie Alcatel oder SEL. Die wissen was wir tun. Wir werden auch nicht hinter Mauern oder abgeschirmt arbeiten. Wir werden ein normales Industriegebäude haben, wie etwa unser Nachbar Trumpf auch. Wir haben nichts zu verbergen.

Kennen Sie die geäußerten Befürchtungen denn von anderen Standorten?
Nein. Von Stuttgart sowieso nicht, weil es dort um Bahntechnik geht. Die Standorte, die sich mit Rüstungselektronik befassen sind Pforzheim, Koblenz, Kiel und Wilhelmshaven. Dort gibt es diese Befürchtungen nicht. Das liegt wahrscheinlich auch daran, dass dort die Bundeswehr in großem Maße vertreten und damit in der Bevölkerung sichtbar ist. Zudem ist sie dort einer der wichtigsten Wirtschaftsfaktoren. Eine Stadt wie Wilhelmshaven wäre ohne Bundeswehr wohl ziemlich leer. Auch Kiel hat eine über hundertjährige Marinetradition.

Haben Sie selbst Angst – vor Spionage?
Nein, Angst nicht. Aber wie jedes andere Unternehmen muss auch Thales seine Entwicklungsergebnisse schützen. Das machen etwa die Automobilhersteller oder unser künftiger Nachbar Trumpf aber genauso. Jede Firma schützt ihr Entwicklungswissen vor dem Zugriff anderer.