Die Glemsmetrople ist bis Aschermittwoch ohne Stadtoberhaupt – jedenfalls nach Ansicht der Narren. Denn die haben am Samstag das Ditzinger Rathaus gestürmt und OB Michael Makurath seines Amtes enthoben.

Familie/Bildung/Soziales: Hilke Lorenz (ilo)

Ditzingen - Diese Amtsenthebung kommt so sicher wie der zweite Samstag im Januar. Denn das ist das Datum für die Karnevalisten in Ditzingen. Dann kennen die Narren von Titzo, dem ersten Ditzinger Karnevalsverein, und die Ditzinger Glemshexen kein Halten mehr und versammeln sich in der Marktstraße, um die Revolution zu planen und um sich – weil’s für sie nun mal die schönste Jahreszeit ist – mit einem Gläschen Prosecco Mut anzutrinken oder um sich vielleicht auch nur in die richtige Feierlaune zu bringen.

 

Während die einen also den Umsturz vorbereiten, verbarrikadieren sich die andern vorsorglich im Rathaus – allen voran der amtierende Oberbürgermeister Michael Makurath. Umgeben von seinem Bürgermeister Ulrich Bahmer und einigen Vertretern des Gemeinderats versucht er, die Rathauserstürmung zu verhindern. Das Mittel seiner Wahl sind Bonbons, die er mit vollen Händen zum Fenster hinauswirft und dabei „Ganget heim, Loit“ aus dem Rathausfenster ruft. Doch die Hexen, Gardetänzerinnen, die Guggenmusiker, die Gäste von den anderen Fasnets- und Karnevalsvereinen aus Renningen, Schwieberdingen, Gerlingen und Stuttgart und die Ditzinger selbst sind auf diesem Ohr wie jedes Jahr taub. Sie harren aus.

Keine friedliche Lösung – der Rathaussturm findet statt

Aber genauso stur ist Makurath. Keines der Angebote, die ihm der Titzo-Vorsitzende Dieter Eisenlöffel macht, mag er annehmen. Nicht einmal das, dass man im Rathaus doch gemütlich auf die bevorstehende Wiederwahl Makuraths anstoßen könne. Nein, Makurath will erst gewählt werden, bevor er seinen Sieg feiert. Kurz: die beiden werden nicht handelseinig. Auch das Machtwort des OB „Die Veranstaltung ist beendet“ bewirkt diesmal nichts. Die Guggenmusiker von Los Titzos spielen noch drei Titel und dann sind die Hexen dran.

Alles folgt hier einem genauen Plan: zwei Mal rennen die Hexen vergeblich gegen das eigens für diesen Zweck aufgebaute Rathausportal, dann entfernen die Herren der technischen Dienste den Riegel – und schon sind die Hexen im Zentrum der Macht und machen den Damen der Tanzgarde den Weg frei. Letzteren obliegt seit je her die Pflicht, das Stadtoberhaupt aus seinen Gemächern abzuführen. Rechts und links eingehakt bringen sie ihn und Ulrich Bahmer vor ihr Volk. Dann verliest das Prinzenpaar Seli I. und Benjamin  I. die neuen Ditzinger Regeln für die Zeit bis Aschermittwoch. Brieftauben sollen die Post austragen und so die Stadtkasse entlasten. Ein eigens für die Glemsmetropole entwickeltes Navigationsgerät soll den Ditzingern allzeit den Weg zu einem Innenstadtparkplatz weisen. Und die Sache mit einem Autobahnanschluss scheint für die Narren ebenfalls noch nicht ausgestanden. Mit einer Lachsteuer in Höhe von 100 Euro pro städtischem Mitarbeiter machen sie einen Finanzierungsvorschlag.

Wetten, dass der OB am Montag im Rathaus sitzt

Bleibt dem OB nur, die Ditzinger auf ihre Stadt einzuschwören und ihnen in seiner gereimten Rede zur Amtsenthebung angesichts von Gerber und Milaneo zuzurufen: „Eingekauft wird im Flecken/da muss man auch nicht so weit schleppen“. So viel aber dürfte klar sein: am Montag wird er wieder zur Arbeit gehen. Ins Rathaus. Dann hat ihn der Alltag wieder.