Die Kommunikation von Schülern und Lehrern ist wichtig. Doch die elektronischen Wege sind ungeschickt, zumal der Rektor die Verständigung über Facebook untersagt hatte. Also programmierten drei Oberstufenschüler des Ditzinger Gymnasiasiums in der Glemsaue selbst eine schuleigene Informations- und Kommunikationsplattform: „Schlehr.

Ditzingen - Die Vorgabe des Schulleiters ist klar formuliert: Lehrer und Schüler haben in schulischen Angelegenheiten nicht über Facebook zu kommunizieren. „Die dienstliche Anweisung ist mit den Juristen des Regierungspräsidiums (RP) Stuttgart abgestimmt“, sagt der Rektor des Gymnasiums in der Glemsaue, Wolfgang Zakrezewski. Facebook könne eine gute Sache sein. Aber es verbiete sich für die Schule als allgemeines Kommunikationsmedium, „weil nicht jeder bei Facebook ist“.

 

Das RP macht nach eigenen Angaben keine Vorgaben zum Umgang mit dem sozialen Netzwerk. Doch auch die Ditzinger Oberstufenschüler Gregor Freund, Nicolai Thomasius und Nils Wenzler sehen Facebook kritisch – weil alle Informationen im weltweiten Netz präsent sind. Die 16- und 17-Jährigen haben daher in mehr als 200 Stunden ein Programm einzig für die Schule geschaffen: „Schlehr“ – der Name setzt sich aus Schüler und Lehrer zusammen – ist Informations- und Kommunikationsplattform in einem. Doch anders als bei Facebook oder der Lernplattform Moodle „haben wir die Zügel in der Hand, um umzusetzen, was wir als Schule wollen“, erklärt Wenzler.

Die Information – etwa die Ankündigung einer Theateraufführung – ist dabei ebenso wichtig wie die Kommunikation zwischen Lehrern und Schülern. Schließlich sei dieser Austausch „wichtig, aber bisher ungeschickt“, erzählt Wenzler, der Kopf des Teams. Die Nachrichten der Schüler seien mit „Schlehr“ tatsächlich mehr geworden, stellt die Mathe- und Religionslehrerin Nadine Ott fest. Vielleicht sei die Hemmschwelle niedriger, mit Lehrern direkt in Kontakt zu treten. Ott hat mit ihren Lehrerkollegen Markus Klotz und Demian Sonnentag das Projekt begleitet. Gleichwohl setzt das Schüler-Lehrer-Netzwerk eine hohe Selbstverantwortung im Umgang untereinander voraus. Deshalb haben die Schüler erst ab der Mittelstufe Zugriff.

Die Schüler sollen sich vor allem gegenseitig helfen. Ob Logarithmus oder französische Grammatik: wer im offenen Raum eine Frage stellt, wird bald darauf von einem anderen Schüler eine Antwort bekommen – das jedenfalls hoffen die Macher. Nach der eben zu Ende gegangenen vierwöchigen Testphase mit drei Klassen sind sie aber optimistisch, dass sich das Programm etabliert: Sie registrierten mehrere hundert Nachrichten, 263 diskutierte Themen und 51 angehängte Dateien mit Unterrichtsinformationen.

Die Fragen können im geschlossen Raum des Klassenverbunds oder offen für jeden Schüler und Lehrer zugänglich gestellt werden. Auch im offenen Raum werden die Antworten von Lehrern kontrolliert und, wenn sie richtig sind, entsprechend markiert oder korrigiert. Häufen sich Fragen von Schülern einer Klasse zu einem Thema, ist das für die Lehrer ein Hinweis, dieses im Unterricht zu wiederholen. Fragen im offenen Raum bleiben für nachfolgende Generationen erhalten.

Die programmierenden Schüler setzen darauf, dass sich der offene Raum durchsetzt. So würde sich mit der Zeit eine Wissensdatenbank fast erübrigen. Diese war ursprünglich geplant. Doch die Lehrer hätten sie ständig überprüfen müssen, das schien ihnen zu viel Arbeit. Grundsätzlich begrüßten die Pädagogen aber „Schlehr“, so Sonnentag. Wer keine Fragen beantworten wolle, sei nicht dazu verpflichtet. Der Rektor ist jedenfalls schon jetzt begeistert – vom Programm und seinen Schülern.