Immer mehr Jungs und Mädchen der Sonderschule zeigen massive Verhaltensstörungen und psychische Auffälligkeiten. Auch für sie gibt es jetzt Unterstützung.

Gymnasium, Realschule, Werkrealschule – und künftig erhält auch das Sonderpädagogische Bildungs- und Beratungszentrum (SBBZ) in Ditzingen Unterstützung von Schulsoziarbeitern. Der Gemeinderatsausschuss für Finanzen, Kultur und Soziales hat diese Woche einen Stellenumfang von 30 Prozent genehmigt.

 

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Die Zustimmung der Stadträte war einmütig. Es sei „höchste Zeit“, sagte etwa CDU-Rat Wolfgang Gommel. Er sei verwundert darüber, dass es am SBBZ an der Wilhelmschule noch keine Schulsozialarbeit gebe. Ulrike Sautter (Grüne) begründete die Zustimmung ihrer Fraktion zum Antrag von Schulleitung und Stadtverwaltung auch mit dem Hinweis, dass sich nach zwei Jahren Coronapandemie bei den Schülern viele Defizite gebildet hätten. Allein am SBBZ der Wilhelmschule – also ohne Grundschule – werden 55 Schüler in jahrgangsgemischten Klassen von der ersten bis zur neunten Stufe unterrichtet.

Verhaltensstörungen und psychische Erkrankungen

Die Schulleitung begründete ihren Vorstoß damit, dass die Kinder und Jugendlichen, die „zum großen Teil aus sozial schwachen oder bildungsfernen Familien“ stammten, mit neuen oder auch intensivierten Problemen an die Schule kämen. „Immer mehr unserer Schülerinnen und Schüler zeigen massive Verhaltensstörungen und psychische Auffälligkeiten oder Erkrankungen“, schreibt Schulleiterin Christin Kühner. Wohl wissend, dass viele Fälle ihre Ursache in schwierigen und sich ändernden Familienstrukturen haben, seien sie als Schule unmittelbar davon betroffen. „Auch die Coronapandemie hat diese Situation verschärft“- inzwischen sei mindestens ein Drittel der Kinder entsprechend belastet.

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Zusätzlich wurde in den vergangenen Jahren eine steigende Gewaltbereitschaft wahrgenommen „Häufig haben es unsere Schülerinnen und Schüler nicht gelernt – oder sind aufgrund ihrer Entwicklungsverzögerung nicht in der Lage – Konflikte verbal und angemessen zu lösen.“ Bisher könnten Spannungen oft nur zwischen Tür und Angel vor dem Klassenzimmer geklärt werden. Diese Art der Konfliktbewältigung sei „äußerst belastend und nicht immer würdevoll für alle Beteiligten“.

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Außerdem steige sowohl die Zahl der Schulverweigerer als auch die der Kindeswohlgefährdungen und Vernachlässigungen, so die Schule. Zudem kämen mehr Kinder und Jugendliche, die durch Flucht oder Migration traumatisiert sind und eine Traumatatherapie brauchten – welche aber selten verfügbar sei.

Start im nächsten Schuljahr

Die Schulsozialarbeit soll es von kommendem Schuljahr an geben. Wer dafür beauftragt wird, soll in der nächsten Sitzungsrunde geklärt werden. Die Stadträte wollen darüber in einem größeren Kontext entscheiden. Im Raum steht, die Kinder- und Jugendarbeit insgesamt neu zu strukturieren und anteilig mehr in die Verantwortung der Kommune zu geben. Seit Langem wird sie im Wesentlichen von freien Trägern geleistet.

Unterstützung für Schüler und Lehrer

Im Land
 Landesweit wird laut der Stadtverwaltung an zwei Dritteln aller Sonderpädagogischen Bildungs- und Beratungszentren (SBBZ) mit dem Schwerpunkt Lernen – was im Kern dem früheren Begriff der Sonderschule entspricht – Schulsozialarbeit angeboten. Im Schnitt haben diese Schulen eine Vollzeitstelle je 200 Schüler.

In der Schule
Die Tätigkeitsschwerpunkte und der Bedarf von Schulsozialarbeit an Sonderpädagogischen Bildungs- und Beratungszentren liegen, im Vergleich zu anderen Schularten, laut der Verwaltung stärker bei der Einzelfallhilfe in längeren Beratungsprozessen sowie der Kooperation mit dem Jugendamt im Bereich Kinderschutz. Gruppen- und Klassenprojekte zu sozialen Kompetenzen sind ein weiterer Schwerpunkt.