Der Wasserturm am Wannenweg in Hirschlanden wird reaktiviert. Mit dieser Investition reagieren die Stadträte auch auf die gestiegenen Anforderungen der Bürger an die Versorgung.

Ditzingen - Wenn auf den Aussiedlerhöfen in Hirschlanden das Vieh getränkt wird, die Nachbarn duschen und dann auch noch die Feuerwehr am Ortsrand des Ditzinger Stadtteils einen Brand löschen muss, dann wird es brenzlig: Der Wasserdruck ist in diesem Fall so gering, dass das Duschvergnügen durch einen schwachen Strahl gemindert, oder, schlimmer, die Feuerwehr beim Löschen ein Problem bekommt. „Wir sind an der Komfortgrenze“ sagt Norman Tietz, der technische Leiter der Ditzinger Stadtwerke. Soll heißen: Man könne vielleicht den Ansprüchen der Kunden nicht immer genügen. Andererseits heißt das aber eben auch, dass die Trinkwasserversorgung der Tiere im Zweifelsfall nicht ausreichend sein könnte.

 

Wasserturm wird reaktiviert

Nun soll eine Druckerhöhungsanlage gebaut und der Wasserturm am Wannenweg in Hirschlanden reaktiviert werden. Bereits im Sommer hatte der Gemeinderat dafür im Eigenbetrieb Wasserversorgung außerplanmäßig Ausgaben in Höhe von 216 000 Euro genehmigt.

Jederzeit habe man den Vorgaben, also dem Regelwerk des Deutschen Vereins des Gas- und Wasserfachs entsprochen, betonen sowohl Tietz als auch der Stadtwerke-Geschäftsführer Frank Feil. Doch „die Sensibilität ist größer geworden“, sagt Feil.

Gleichwohl war es nicht allein der Wasserdruck, der den Gemeinderat veranlasste, mit der neuen Druckerhöhungsanlage zugleich in die Reaktivierung des Wasserturms zu investieren. Da das Wassernetz immer auch eine gewachsene Struktur hat, hätte eine Leitung im Wannenweg dem – durch eine Druckerhöhungsanlage entstandenen Wasserdruck – nicht standgehalten. Also wird der Wasserturm nun eingebunden, um einen Druckausgleich zu schaffen. Und es entsteht eine neue, eigene Hochzone. Die neue Druckerhöhungsanlage versorgt nahezu alle Aussiedlerhöfe und den Steinbruch.

Der Gemeinderat entscheidet

Wenn der Geschäftsführer Feil von der Sensibilität der Verbraucher spricht, formuliert er das vorsichtig, nicht vorwurfsvoll; er konstatiert, er bewertet nicht. „Letztlich ist es eine politische Entscheidung“, sagt auch Tietz. Es ist ja schließlich der Gemeinderat, der über die Investition entscheiden muss. Aber auch in der Wasserversorgung spiegeln sich die steigenden Ansprüche der Bürger. Sie sind höher als vor ein, zwei Jahrzehnten. Im selben Maße wie heute viel stärker etwa auf die Instandsetzung von Feldwegen geachtet werde, wird schnell auch kritisiert, wenn der Wasserdruck nicht dem gewohnten entspricht.

Um Schwankungen künftig zu vermeiden, reagiert also der Gemeinderat. Der Druck im Wassernetz war allerdings auch durch den Wachstum Hirschlandens an seine Grenzen gestoßen. Schließlich sind an das Netz nicht nur Einfamilienhäuser angeschlossen und Aussiedlerhöfe, sondern auch ein Steinbruch.

Um den Wasserturm zu reaktivieren, muss er saniert werden. Der vorhandene Schacht am Turm muss abgebrochen und ausgebaut werden. Anschließend wird an derselben Stelle ein neuer Rohrkeller aus Stahlbeton gebaut. Er wird von Erde überdeckt sein. Die Ausschreibung für die Erd- und Rohbauarbeiten verliefen allerdings für die Ditzinger nicht wie erwartet. Von sechs angeschriebenen Firmen hatte lediglich ein Unternehmen ein Angebot abgegeben. Da das Angebot über 99 000 Euro lautete, hätte dieses um mehr als die Hälfte über der Kostenberechnung gelegen. Auf Empfehlung der Stadtwerke wurde die Ausschreibung deshalb aufgehoben. Nun prüft die Verwaltung das weitere Vorgehen.

Die Ditzinger Stadtwerke

Chronik
Weil die Konzessionsverträge für Strom und Gas auslaufen, muss sich die Stadt entscheiden, ob sie sich langfristig an Verträge bindet oder die Energieversorgung fortan selbst verantwortet. Der Ditzinger Oberbürgermeister wirbt für die Gründung eigener Stadtwerke im Rahmen der kommunalen Daseinsvorsorge. Nach langen Verhandlungen scheitert die geplante Kooperation mit der EnBW. Als Mitgesellschafter sind nun die Kommunalpartner im Boot. Die Beteiligungsgesellschaft – in ihr haben sich mehrere Stadtwerke zusammengeschlossen – hält 26 Prozent. Die Stadt hat 74 Prozent. Im Oktober 2011 beginnen die Stadtwerke mit dem Verkauf von Strom und Gas. Inzwischen vertreiben sie Strom, Gas, Wasser und Wärme, betreiben die Straßenbeleuchtung und unter anderem Photovoltaikanlagen.

Ergebnis
Im Jahr 2015 haben die Stadtwerke erstmals einen positiven Jahresüberschuss verbucht in Höhe von rund 23 000 Euro. Das bedeutet einen Ergebnisumschwung gegenüber dem Vorjahr von rund 453 000 Euro. Im Wirtschaftsplan war noch von einem Jahresfehlbetrag gegenüber dem Vorjahr von rund 35 000 Euro ausgegangen worden. Der Gemeinderat hat das Ergebnis als „historisch“ gewürdigt. „Auch 2016 werden wir mit einem positiven Ergebnis abschließen“, sagt der Geschäftsführer Frank Feil. 23 Mitarbeiter arbeiten bei den Stadtwerken, der Umzug in die neuen Geschäftsräume ist im Frühjahr geplant. Die zunächst sehr kritischen Töne im Gemeinderat – er ist im Namen der Stadt Gesellschafter der Stadtwerke – sind leiser geworden, wenn auch nicht verstummt. Zuletzt mahnten die Grünen an, nicht zu vergessen, warum man die Stadtwerke gegründet habe: Um die Energiewende in Ditzingen zu schaffen.