Stolz auf die „Flames“-Reihe: die Filmemacher Julian Diehl (links) und Timo Becker (rechts) sowie Feuerwehrkommandant Wolfgang Zimmermann Foto: Simon Granville
Die Doku-Reihe „Flames“ gewährt spannende Einblicke in den Alltag der Leonberger Feuerwehr. Die Macher haben die Retter bei Einsätzen begleitet. Staffel zwei ist schon im Kasten.
Manchmal waren sie sogar Sekunden vor den ersten Einsatzkräften an der Leonberger Feuerwache. Das Filmteam um Timo Becker und Julian Diehl hatte sich zu acht in Beckers Zwei-Zimmer-Wohnung einquartiert – zehn Tage lang. Von dort aus waren es mit dem Auto nur zwei Minuten bis zum Magazin. Den Ernstfall übte die mit Meldern ausgestattete Gruppe ein ums andere Mal. Und all der Aufwand, der Verzicht auf Privatsphäre und das Hausen auf engstem Raum haben sich gelohnt. Denn heraus kam die erste Staffel der Doku-Reihe „Flames“, die sich mit dem Tun der Freiwilligen FeuerwehrLeonberg befasst.
Aus der Medienbranche zum Rettungssanitäter
Timo Becker ist Medienprofi, arbeitete nach dem Studium an der Stuttgarter Hochschule der Medien (HDM) bereits für Sat.1, Pro7 und DMAX. Irgendwann sattelte der 29-jährige Leonberger allerdings um und ließ sich zum Rettungssanitäter ausbilden. Für Filmproduktionen ist er weiterhin als Freelancer tätig. Julian Diehl, 23 Jahre alt, ist derzeit HDM-Studierender. Beide sind Mitglieder der Leonberger Feuerwehr. Der Impuls zur Dokumentation kam während Corona im Jahr 2021, aus dem erfolgreichen Versuch, die virtuelle Hauptversammlung mit einigen Filmbeiträgen etwas aufzumotzen.
Das kam gut an, sodass Becker und Diehl dran blieben – und im November 2023 jene zehn Tage lang drehten. Sie statteten die Feuerwehrautos mit Kameras aus, auch einige Einsatzkräfte bekamen Bodycams verpasst. Szenen wie das Ausrücken hielt das Team in beeindruckenden Bildern per Drohne fest. Dabei war der Grundsatz von vorne herein klar. „Beim Film neigt man ja zum Übertreiben“, sagt Timo Becker, „aber wir wollten einfach zeigen, wie es wirklich ist.“ Geld wollten und wollen sie nicht für ihre Arbeit mit den Brandschützern haben – sie drehen ehrenamtlich.
Mit der Drohne: Die „Flames“-Macher halten das Ausrücken der Feuerwehr fest. Foto: Screenshot
So mussten die Leonberger Retter während der Dreharbeiten eben nicht zu schlimmen Feuern oder Verkehrsunfällen ausrücken. Es geht unter anderem um Türöffnungen, um umgekippte Bäume, um auslösende Rauchmelder – um den ganz normalen Feuerwehr-Alltag. Das alles hielten die Filmemacher aber in professionell-mitreißender Art und Weise fest. Und nebenbei haben sie die Musik dazu auch noch selbst geschrieben. Die Titelmelodie, die entfernt an jene aus der HBO-Serie „Game of Thrones“ erinnert, „erkennen die Feuerwehrleute inzwischen“, sagt Becker und lacht.
Die Dreharbeiten waren herausfordernd, liefen aber dennoch ohne große Probleme. „Sie waren eben da, aber sie haben nie gestört“, betont Wolfgang Zimmermann, Kommandant der Leonberger Wehr. Er freut sich nicht nur über eine gelungene Dokumentation, die vielleicht auch neue Feuerwehrleute zu den Leonbergern führt. Er lernt auch aus den bewegten Bildern. „Als Chef sieht man bei Einsätzen normalerweise eine Perspektive. Und jetzt hat man auf einmal ganz neue“, sagt er.
Filmemacher dürfen die Originalnotrufe verwenden
Doch das Filmen war das eine. Das andere war die Bürokratie. Aber auch da war das Team souverän, hat eine Erlaubnis nach der anderen eingeholt, durfte sogar Aufnahmen der Originalnotrufe verwenden. Um die Synchronität, also die richtige zeitliche Abfolge der Ereignisse korrekt wiederzugeben, orientierte man sich beim Schnitt an den Funksprüchen.
Wolfgang Zimmermann blickt mit einem weinenden Auge auf die Zeit, wenn sich die Filmemacher nicht mehr der Leonberger Feuerwehr, sondern anderen Projekten widmen. „Da werden wir in ein Loch fallen“, gesteht er. Die gute Nachricht ist aber: Staffel zwei von „Flames“ ist schon im Kasten und soll Ende des Jahres fertig geschnitten sein. „Die wollen wir, wenn möglich, dann auch am Stück veröffentlichen“, sagt Julian Diehl. Und Timo Becker ergänzt: „Es ist im Mediabereich superselten, dass man sich so ausleben kann.“
Zweite „Flames“-Staffel ist schon im Kasten, aber noch nicht geschnitten
Gefilmt wurde die zweite Staffel zwischen Weihnachten und Neujahr 2024 und 2025. Zu welchen Einsätzen die Leonberger Retter dabei ausrücken mussten, ist noch geheim. Allerdings waren Situationen dabei, die sowohl den Wehrleuten als auch dem Filmteam an die Substanz gingen. Der Ablauf der Dreharbeiten war ähnlich, nur mussten die Filmemacher nicht mehr Beckers Wohnung zum Hauptquartier umbauen: Das Team durfte direkt in der Wache nächtigen und wurde von der Feuerwehr mit Essen versorgt.
„Auch bei einer dritten Staffel wären wir dabei“, sagt Diehl, „am besten dann mal im Sommer, damit wir nicht immer frieren müssen.“ So schnell wird sich die Filmcrew dann also doch nicht von der Leonberger Feuerwehr verabschieden.
„Flames“ Vier Episoden aus der ersten Staffel sind seit Ende 2024 auf Youtube veröffentlicht, zwei folgen noch. Den kompletten Film am Stück zeigte die Feuerwehr vor Mitgliedern, Angehörigen und geladenen Gästen im vergangenen November im Imax-Kino im Traumpalast Leonberg auf der größten Leinwand der Welt.
Imax Wenn im Imax vor einer Vorstellung ein Video läuft, das ein Smartphone in Sachen Größe mit einem Wal vergleicht, dann ist dafür ebenfalls „Flames“-Macher Timo Becker verantwortlich.
„Person unter Zug“ Im Kurzfilm mit diesem Titel kehrt der Leonberger Feuerwehrmann Paul Hild an den Leonberger Bahnhof zurück – den Schauplatz eines Einsatzes, der sein Tun als Retter nachhaltig beeinflusst hat. Auch dieser Film wurde von Timo Becker & Co. gedreht, hat auf Youtube inzwischen mehr als 60 000 Klicks und wird zum Beispiel beim Roten Kreuz zu Ausbildungszwecken gezeigt.
Produktion Die Produktion der „Flames“-Filme läuft über ein Netzwerk namens Zinavis, einen Zusammenschluss freiberuflich Filmschaffender aus dem Großraum Stuttgart.