Am 31. August 1997 verunglückte Lady Di tödlich. Im Vorfeld des Jahrestages zeigt das Erste die exzellente Doku „The Princess – Lady Diana“.

Man kann im eigenen Land extrem bekannt sein, man kann weltberühmt werden – aber die nächste Steigerung, die Diana Spencer erleben musste, ist noch etwas ganz anderes. Als Lady Di stieg Diana in die Riege der globalen Megamarken auf, zu Apple, Disney, Mercedes und Coca-Cola. Der Markenkern von Lady Di war zwar menschliches Erleben von Glück und Unglück, von Prinzessinnentraum und Ehehölle. Doch die Neugier auf Lady Di wurde von jedem Rest menschlicher Rücksichtnahme entkoppelt. Klatschkonsumenten und Klatschpresse erhoben Anspruch auf diese Frau, als sei sie eine im Voraus bezahlte Ware. Am 31. August 1997 verunglückte Lady Di in ihrem chauffierten Auto nicht einfach. Die 36-Jährige wurde von Paparazzi in den Tod gehetzt.

 

Im Vorfeld des 25. Jahrestags ihres Todes gibt es an diesem Mittwoch (24. 8. ) um 22.45 Uhr im Ersten den sehr gelungenen Dokumentarfilm „The Princess – Lady Diana“ zu sehen. Der Regisseur Ed Perkins legt einen Archivfilm vor, also das, was man sonst als Low-Budget-Form eines Porträts sehen würde: keine eigenen Interviews, kein selbst gedrehtes Material, nicht einmal ein eigener Kommentar, der über die Bilder gelegt wird.

Weder Hexe noch Märtyrerin

Perkins nutzt einzig und allein zeitgenössisches Film- und Kommentarmaterial, also jene Bilder, die einst aus Lady Di eine Marke machten, diese Marke vorantrieben, änderten, kritisierten, anprangerten und verteidigten. Und doch entsteht aus dieser virtuosen Montage ein sehr viel konziseres, faireres, vielschichtigeres Porträt von Lady Di, als es die Medien damals liefern konnten und wollten.

Das Erstaunlichste aber: „The Princess“ ist kein parteiisches Porträt. Es malt uns nicht allein die schuldlose Märtyrerin aus, die in der Schlangengrube des Hauses Windsor um Lebensfreude, Hoffnungen und Privatsphäre betrogen wird, noch die Hexe Diana, die aus Disziplinlosigkeit, Ruhmsucht und Koketterie beinahe das englische Königshaus zu Fall bringt, die Chancen der Monarchie auf Fortbestand auf jeden Fall schmälert und ihren (Ex-)Ehemann Prinz Charles rücksichtlos zum Buhmann bei ihren Fans macht.

Wut auf den Gegner

Einst hat zum Phänomen Lady Di der Eifer der Parteinahme unbedingt gehört. Als das Eheglück in der britischen Königsfamilie als nicht mehr haltbare PR-Illusion offenbar wurde, als eisige Mienen bei öffentlichen Auftritten die bisherigen Schlagzeilen der Boulevardpresse zu bestätigen schienen und prompt neue schufen, als bezahlter Intimitätenverrat und gezielt gestreute Indiskretionen aus dem Umfeld von Diana und Charles Auflagen und Einschaltquoten aufpeppten – da nahmen die Interessierten nicht einfach Kenntnis vom Klatsch. Sie versammelten sich unter dem einen oder dem anderen Feldzeichen. Sie nahmen Partei und sie bauten Wut auf den Gegner auf.

Trotz der 107 Minuten Dauer ist „The Princess“ ein straffer, ein forsch voranschreitender Film. Aber weil die jeweiligen Szenen so treffend ausgewählt und passgenau aneinander gefügt sind, kommen alle Aspekte gut heraus – auch der Eifer der Verurteilung. Mustergültig schufen Diana Spencers Aufstieg, Fall und Wiederaufstieg die Chance für Gemeinschaftsgefühl und für Wutventilation. Wie beim Sport nahm man für eine Seite auch darum Partei, um gegen die andere sein zu können.

Achtung, royaler Zinnober

Aber eigentlich ist es falsch, zu sagen, Ed Perkins („Tell me who I am“) bleibe neutral. Sein Montagefilm ist kritisch gegenüber dem royalen Zinnober an sich und gegenüber einer Form der Presse, die durch ihren massiven Druck aufs Privatleben jene Zerrüttung von Menschen, Werten, Beziehungen mit herbeiführt, über die sie dann scheinschockiert berichten kann.

Der Film beginnt, als die dem britischen Adel entstammende Diana Spencer noch als Aushilfskindergärtnerin arbeitet, aber schon als die Künftige von Prince Charles, als die Mutter britischer Thronfolger im Auge gehalten wird. Man sieht, wie eine Journalistin sie morgens auf dem Weg zur Arbeit ein wenig bedrängt. Das ist noch weit entfernt vom Paparazzi-Auftrieb der späteren Jahre. Aber gerade durch die Überschaubarkeit wird das Perverse der Situation deutlich.

Das Private ist nicht mehr privat

Was man von Diana hören will – neues zum Beziehungsstatus – ist einerseits etwas Intimes, das man eher Freundinnen als vorgehaltenen Mikrofonen verrät. Doch die Privatheit ist bereits auch ein Element der Palastpolitik, vielleicht noch kein Staatsgeheimnis, aber doch schon eine in fremde Hände gelangte Verfügungsmasse, über die Diana nicht zu bestimmen hat.

Man kann grübeln, ob Diana aus normaler Höflichkeit nicht barsch wird, bereits aus Pflichtgefühl oder noch aus dem Geschmeicheltsein der bislang nicht allzu Prominenten. Aber dass sie diese frühe Interviewsituation einerseits nicht unter Kontrolle hat und andererseits mit ihrer Mischung aus Eleganz, Mädchenhaftigkeit und schüchterner Verschmitztheit jene heftige Neugier befeuert, von deren Kanalisierung sie überfordert ist, wird deutlich.

„The Princess“ schreitet den Weg ab: Traumhochzeit, Fügen ins enge Korsett der Palastprotokolle, erste Zerwürfnisse, Trennung ohne Scheidung, Ehebruchskandal und Enthüllungsbücher, doch die Scheidung, das Leben als Solomarke Lady Di, das Paparazzi-Pandämonium und die Frage, ob Di auf diese Aufmerksamkeit emotional und ökonomisch ganz und gar verzichten könnte. Aber das Allerinteressanteste sind die Bilder von den normalen Ritualen der Royals im Kreis der Oberschicht: Tänzchen, Pomp und Jagden zu Pferde. Wie will man, fragt man sich dann, in dieser Sphäre nicht deformiert werden?

The Princess. ARD, Mittwoch, 22.45 Uhr

Lady Diana und Prinz Charles

Strahlkraft
 Am 29. Juli 1981 hat die damals 20-jährige Diana Spencer den britischen Thronfolger Prinz Charles geheiratet. Die pompöse Zeremonie diente auch als Werbeveranstaltung für die Monarchie.

Erbfolge
 1982 brachte Diana den ersten von zwei Söhnen zur Welt, William. Ihr war mittlerweile klar, dass sie als Produzentin von Stammhaltern ausgewählt worden war. Charles liebte eine andere.

Zerrüttung
 Untreue, Lieblosigkeiten, Kleinkrieg: Bis zur Scheidung 1996 bot Dianas Leben eine dunkle Soap-Opera.