Der Film besteht zu etwas mehr als zwei Drittel aus Spielszenen. „Im Grunde genommen ist der Aufwand vergleichbar mit dem eines Spielfilms“, sagt Matthias Martens. „Wir haben Drehbuchautoren, die Dialoge schreiben, Top-Schauspieler, nicht zu vergessen die Ausstattung.“ In die floss überproportional viel Geld: Hermann Göring umgab sich mit zusammengeraubten Kunstwerken, und um von dieser Lebenswelt einen Eindruck zu vermitteln, gaben die Produzenten bei Malern Kopien einiger Gemälde in Auftrag, unter anderem von Cranach’schen „Venus“-Darstellungen. Zu sehen sind im Film also Kunstfälschungen im Dienste eines aufklärerischen TV-Films.

 

Über das private Leben von Menschheitsverbrechern etwas zu erzählen, ist aber grundsätzlich problematisch, denn irgendeinen normalen Charakterzug, der sie vielleicht ein bisschen weniger bestialisch erscheinen lässt, haben sie alle. Als seine erste Frau Carin 1931 an Tuberkulose stirbt, „ist Hermann tief erschüttert“, heißt es in dem Film. Was auch sonst? Solche textlich nachlässigen Passagen schmälern etwas das Verdienst des Films, das Wirken Albert Görings einem größeren Publikum bekannt zu machen.

Wird der gute Bruder in Yad Vashem geehrt?

Viel zu verdanken hat das TV-Projekt den langjährigen Forschungen des Australiers William Hastings Burke, der mit dem 2012 auf Deutsch erschienenen Buch „Hermanns Bruder: Wer war Albert Göring?“ das Interesse der Medien weckte – unter anderem, weil er den lange Vergessenen mit Oskar Schindler vergleicht. Parallel entstand der Dokumentarfilm „Görings vergessener Bruder“, den ZDF Info vor wenigen Tagen noch einmal sendete. 2012 war es auch, als George Pilzer, ein Sohn des Filmproduzenten Oscar Pilzer, der Albert Göring sein Leben verdankt, bei der Jerusalemer Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem den Antrag stellte, den Nazi-Gegner mit dem Nazi-Nachnamen in die Gruppe der „Gerechten unter den Völkern“ aufzunehmen. Ob sie es tut, kann die für den Film interviewte Irena Steinfeldt, die in Yad Vashem die zuständige Abteilung leitet, noch nicht sagen.

Eine Rolle spielt auch, dass die Gedenkstätte mit dieser hohen Ehrung nur Menschen bedenkt, die keine Juden waren. Albert Göring könnte aber der uneheliche Sohn eines adligen jüdischen Arztes gewesen sein. Eine Kommission aus Holocaust-Überlebenden muss letztlich entscheiden. „Einerseits müsste es eine Ehrung geben“, sagt Sandra Maischberger. „Andererseits ist es ein Name, den man sich auf diesem Gelände nur schwer vorstellen kann.“