Eine neue Dokumentation zeigt die Forschungsergebnisse zu dem Leben in der keltischen Siedlung Elsachstadt. In dem größten Oppidum Europas auf der Schwäbischen Alb fanden vor 2000 Jahren viele Tausend Menschen Platz.
Erkenbrechtsweiler - Nur wenige Fundstücke sind die Grundlage für das, was Forscher über den Heidengraben rekonstruiert haben. Doch sie reichen aus, um einen 45-minütigen Dokumentarfilm zu füllen. Den hat der Produzent Dieter Hagmann gedreht, und er fasst das Wissen über die ehemalige Keltensiedlung, das Oppidum, bei Erkenbrechtsweiler anhand einiger Funde zusammen. Am Mittwochabend feiert der Film „Der Heidengraben – Eine fast unentdeckte Keltensiedlung“ in Grabenstetten (Kreis Reutlingen) seine Premiere.
Dass die Hügel und Gräben rund um das Hochplateau auf der Schwäbischen Alb bei Grabenstetten, Erkenbrechtsweiler und Hülben von den Kelten als Befestigungsanlage angelegt worden sind, weiß man erst seit gut 100 Jahren. Lange Zeit hatte man vermutet, die Wälle seien von den Römern aufgeschüttet worden oder Reste aus dem Dreißigjährigen Krieg. Tatsächlich stammen die Wallanlagen aus der spätkeltischen Zeit um 100 vor Christus.
Animationen zeigen ein detailreiches Bild der Elsachstadt
Das Filmteam hat Achim Lehmkuhl, den ehrenamtlich Beauftragten der Denkmalpflege für den Heidengraben, bei der Suche nach Fundstücken begleitet, sich von Frieder Klein vom Regierungspräsidium Tübingen erklären lassen, wie die Befestigungsanlagen und Tore am Heidengraben gebaut wurden, und es ist sogar bis nach Italien gereist. Denn die Herkunft einiger am Heidengraben gefundener Amphorenbruchstücke lässt sich bis zu ihrem Ursprungsort rund 100 Kilometer nördlich von Neapel zurückverfolgen.
Wie genau das Leben in der mehrere Tausend Einwohner fassenden und heute Elsachstadt genannten Siedlung ausgesehen haben mag, illustriert Dieter Hagmann mit Animationen. In Computerspieloptik erwecken sie den heute bewaldeten Teil des Hochplateaus am Heidengraben zu keltischem Leben. „Das ist natürlich hochspekulativ, was wir hier sehen“, sagt Achim Lehmkuhl. Doch Funde wie ein Mühlstein, eine keltische Waage und ein Achsnagel lassen zumindest zu, dass einige detaillierte Schlaglichter auf das Leben in der größten Keltensiedlung Mitteleuropas geworfen werden.
Forschung mit Handarbeit und Hightech
Dass die animierten Keltenrösser wegen der etwas ruckeligen Umsetzung im Staccato galoppieren, ist eine Frage des Geldes. „Ganz klar: das hier ist keine Hollywoodproduktion“, sagt Hagmann. Da habe man nicht alles bis ins letzte Detail umgesetzt. Immerhin hat er für den Film aber den renommierten Synchronsprecher Klaus-Dieter Klebsch engagiert – eine prominente Stimme, die Klebsch unter anderem an Alec Baldwin und die Titelfigur der Fernsehserie „Dr. House“ verleiht. „Der hat schon was gekostet“, sagt Hagmann, „aber ich wollte ihn unbedingt für diesen Film haben“. Die Produktionskosten für den gesamten Film sind dennoch mit 15 000 Euro sehr niedrig. Das liegt an der ehrenamtlichen Arbeit einiger Mitwirkender, inklusive Hagmann selbst. „Der Film ist kein gewinnorientiertes Projekt“, sagt der Produzent. „Wir halten das Thema einfach für wichtig.“
Der Zuschauer erfährt dabei nicht nur Geschichtliches darüber, wie die Bewohner des Oppidums vor mehr als 2000 Jahren gelebt haben, sondern er lernt, wie Forscher mit Handarbeit und Hightech aus Siedlungsresten ihre Erkenntnisse gewinnen. Dabei gibt es noch viel zu entdecken. Erst ein Prozent der rund 1700 Hektar umfassenden Heidengraben-Fläche ist bisher archäologisch untersucht.
Die kriegerische Seite der Kelten blendet der Film aus
Auch der Film ist entsprechend kein abgeschlossenes Werk. Neue Forschungsergebnisse könnten durchaus später noch eingearbeitet werden. Anderes habe man absichtlich ignoriert. „Die negativen Aspekte des Keltenlebens kommen in dem Film nicht vor“, sagt Hagmann. „Die Kelten waren kriegerisch, die heile Welt des Films trifft so nicht zu.“
Gegen 80 nach Christus gaben die Kelten die Siedlung auf. Kampfspuren habe man nicht gefunden, sagt Achim Lehmkuhl, er gehe also davon aus, dass die Bewohner einfach gegangen seien.
Weitere öffentliche Vorführungen des Films seien angedacht, aber noch nicht geplant. Wenn seitens Schulen Interesse bestehe, seien auch Schulvorführungen möglich, sagt Hagmann. „Das lassen wir mal auf uns zukommen.“ Der Film soll von Mai an auch auf DVD erhältlich sein.