Der katholische Gottesdienst in der Domkirche in Stuttgart-Mitte wird am Sonntag von einer netten Idee garniert. Eine Kinder-Jury kürt im Anschluss die schönste Maske. Dafür gibt es auch einen Preis.

Stuttgart-Mitte - Der schicke Mund-Nasen-Schutz mit Zeitungsaufdruck hätte es mit Sicherheit verdient, den ersten Masken-Contest zu gewinnen, den Stadtdekan und Dompfarrer Christian Hermes für den Gottesdienst am Sonntag in St. Eberhard ausgelobt hat. Doch darauf hinzuweisen, verbietet sich hier irgendwie. Schön war er trotzdem.

 

Und auch die ultramarinblaue Gesichtsmaske mit dem Sternenkreis der Europaflagge, die eine junge Frau sich übergestreift hat, ist durchaus kleidend. „Und transportiert obendrein einen Gedanken, den zu betonen sich gerade jetzt lohnt“, wie Stephan Bier, der Vorsitzende des Kirchengemeinderats, im Anschluss an den katholischen Gottesdienst in der Domkirche in Stuttgart-Mitte am Sonntagvormittag formuliert.

Ein wenig Humor in schweren Zeiten

Auch Pfarrer Hermes selbst „wagte Farbe“ bei dem Wettbewerb, mit dem der Geistliche nicht nur für ein wenig Humor in einer Zeit sorgen will, in der es nicht allzu viel zu lachen gibt. Hinter dem Contest steckt ebenso ein dann doch ernst gemeinter Wunsch des Stadtdekans, etwas gegen die „OP-Atmosphäre“ dieser Tage zu unternehmen, die die üblichen blauweißen Wegwerfmasken verbreiten.

Ein halbes Dutzend Kinder durften Jury spielen und im Anschluss an den Gottesdienst die schönste Maske küren. Die Europafahne war zwar im Finale, musste sich aber dann doch knapp einem Kirschenmotiv geschlagen geben, das die Gesichtsbekleidung einer älteren Dame zierte. Gabriele Grass, die sich für den Wettbewerb, wie sie verrät, eine extra schöne Maske umgebunden hat, gewann dann auch den begehrten Preis: ein Glas mit Honig von den „frommen Bienen“ auf dem Dach des benachbarten Hauses der Katholischen Kirche. „Dabei kann ich unter dieser Maske viel schlechter atmen als unter einen normalen“, sagt die 76-Jährige und lacht dabei herzlich. Genäht hatte den Mund-Nasen-Schutz ihre Tochter, die schon mehr als 50 solcher Masken aus allen möglichen Stoffen hergestellt hat, um sie zu verschenken. Dass die beiden Enkelinnen Ida und Paula mit in der gestrengen Jury saßen, hatte auf den Ausgang der Wahl natürlich keinerlei Einfluss.

Bei allem Humor: In seiner Predigt am zweiten Gottesdienstsonntag, seit die Kirchen wieder ihre Türen öffnen dürfen, stimmte Pfarrer Christian Hermes ernste Töne an und warnte vor einer wieder zunehmenden „Entsolidarisierung“ in der Gesellschaft: „Wir stehen als Christen dafür, dass niemand zurückbleibt“, sagte der Pfarrer vor den rund 80 Gläubigen, die unter Maßgabe des Abstandsgebots am Gottesdienst teilnehmen durften.

Hermes wollte dies explizit auch in Bezug auf die derzeitigen Demonstrationen auf dem Cannstatter Wasen verstanden wissen, „wo es mir hundertmal lieber wäre, wenn jetzt das Frühlingsfest wäre, als der Zirkus, der dort stattfindet“. Der Pfarrer mahnte die Gläubigen, „nicht irgendwelchen Fantasien und einfachen Wahrheiten aufzusitzen“, Verschwörungstheorien, wie sie, wie er einräumt, zum Teil auch „in unserer eigenen Kirche“ vertreten werden.

Weil nach wie vor aus Sicherheitsgründen und trotz der Maskenpflicht während des Gottesdienstes das gemeinsame Singen problematisch ist, steuerten Sängerinnen der Schola der Domkapelle die liturgischen Gesangseinlagen zu. Dompfarrer Christian Hermes kündigte an, den Maskenwettbewerb wiederholen zu wollen: „Modisch ist da noch Luft nach oben.“