Der 1954 geborene Pollock, der den Großteil seines Lebens in einer Papierfabrik und als Lastwagenfahrer gearbeitet hat, nutzt nicht zu viel Worte, um das Erbärmliche dieses Verhaltens zu zeigen, und lässt die Symbolik ganz nebenbei einsickern.

 

Die Snopes-Geschichten von William Faulkner, Cormac McCarthys brillant entworfene Verwahrlosungsszenarien, Hubert Selbys Porträts urbanen Elends und manch andere Werke über die USA unterhalb der Armutsgrenze fallen einem beim Lesen ein. Aber doch bleibt dies ein eigenständiges Werk, in dem Pollock mit den kaputten Figuren solidarischer ist als in seinem furiosen Debütroman „Das Handwerk des Teufels“.

Country noir

Auch „Das Handwerk des Teufels“ zeigt eine desolate US-Provinz, in der religiöser Wahnsinn und Kriminalität bruchlos ineinander übergehen. Diverser dynamischer Elemente und einer als „Country noir“ etikettierbaren Düsternis wegen hat man dieses Buch manchmal als Krimi wahrgenommen.

Die Storysammlung „Knockemstiff“ – vielleicht sollte man besser sagen, dies sei wie Sherwood Andersons „Winesburg, Ohio“ der aus Einzelerzählungen aufgebaute Roman eines Ortes – schildert ebenfalls dauernd kriminelles Handeln. Selbst für Noir-Leser, die ihre Lektüre mit sehr engem Fokus auswählen, dürfte sie interessant und spannend sein. Klassische Krimistories aber sind dies nicht, schon weil den handelnden Figuren, nein, der ganzen Gemeinschaft das Unrechtsbewusstsein fehlt. Gesetze und Ordnung sind hier keine Größen.

Die rohen Späße der Herumhänger

Diese nicht eben komplexen, aber prägnanten Figuren haben früh verinnerlicht, dass sie Verlierer sind. Sie haben keinen Respekt voreinander, sie achten nicht darauf, was sie einander antun. Man möchte hier nicht zu den Schwächeren gehören.

So läuft zum Beispiel ein dicker, in seiner Entwicklung etwas zurückgebliebener Kerl durchs Dorf, der außer einer LP von Nancy Sinatra – seine Freundin sei das, behauptet er – stets Wurfpfeile mit abgeschliffenen Spitzen bei sich trägt. Allen Herumhängern bietet er an, diese Pfeile auf seinen nackten Bauch zu werfen, damit auch er ein bisschen Beachtung findet. Die Jugendlichen machen reichlich Gebrauch von dem Angebot und versuchen, ob sie nicht doch die Haut des armen Tropfs durchdringen können.Spaß kennen sie nur in Form von Rohheit.

Wahnsinn und Kriminalität

Der 1954 geborene Pollock, der den Großteil seines Lebens in einer Papierfabrik und als Lastwagenfahrer gearbeitet hat, nutzt nicht zu viel Worte, um das Erbärmliche dieses Verhaltens zu zeigen, und lässt die Symbolik ganz nebenbei einsickern.

Die Snopes-Geschichten von William Faulkner, Cormac McCarthys brillant entworfene Verwahrlosungsszenarien, Hubert Selbys Porträts urbanen Elends und manch andere Werke über die USA unterhalb der Armutsgrenze fallen einem beim Lesen ein. Aber doch bleibt dies ein eigenständiges Werk, in dem Pollock mit den kaputten Figuren solidarischer ist als in seinem furiosen Debütroman „Das Handwerk des Teufels“.

Country noir

Auch „Das Handwerk des Teufels“ zeigt eine desolate US-Provinz, in der religiöser Wahnsinn und Kriminalität bruchlos ineinander übergehen. Diverser dynamischer Elemente und einer als „Country noir“ etikettierbaren Düsternis wegen hat man dieses Buch manchmal als Krimi wahrgenommen.

Die Storysammlung „Knockemstiff“ – vielleicht sollte man besser sagen, dies sei wie Sherwood Andersons „Winesburg, Ohio“ der aus Einzelerzählungen aufgebaute Roman eines Ortes – schildert ebenfalls dauernd kriminelles Handeln. Selbst für Noir-Leser, die ihre Lektüre mit sehr engem Fokus auswählen, dürfte sie interessant und spannend sein. Klassische Krimistories aber sind dies nicht, schon weil den handelnden Figuren, nein, der ganzen Gemeinschaft das Unrechtsbewusstsein fehlt. Gesetze und Ordnung sind hier keine Größen.

Die Polizei und die Aliens

Selbst wenn ein seelisch schon arg derangierter Vergewaltiger und Totschläger die Leichen zweier Opfer versteckt, dann ist das eher Angst vor der direkten Rache der Blutsverwandtschaft als ein Auskontern polizeilicher Untersuchungen eines Vermisstenfalls. An die Polizei denkt man in Knockemstiff so wenig wie an die mögliche Landung von Aliens. Ganz so, als sei das noch ein Stück amerikanischer Wildnis des 19. Jahrhunderts, bereits besiedelt, aber noch nicht einem Bundesstaat zugeordnet und damit auch noch keinen Gesetzen unterworfen.

Dieses Amerika hat nichts zu tun mit der Rhetorik von Träumen und Zielen oder den Politikwechseln in Washington. Es ist ein darwinistischer Winkel, ein Schlangennest jenseits der Parkwanderpfade. Aber ein wenig zeigt Pollock hier auch ein pervertiertes amerikanisches Ideal, ein Leben, das sich um fremde Vorschriften nicht kümmern muss.

Donald Ray Pollock: Knockemstiff.
Aus dem Englischen von Peter Torberg. Liebeskind, München, 2013. 255 Seiten. 18,90 Euro.