Die Vereinigten Staaten sind das wichtigste Exportland für die baden-württembergischen Unternehmen. Wie reagiert die Wirtschaft Wahlsieg von Donald Trump? Hier die Ergebnisse unserer Umfrage.

Stuttgart - Die Vereinigten Staaten sind mit Abstand das wichtigste Exportland für die baden-württembergischen Unternehmen. Viele Firmen aus dem Südwesten haben dort Tochtergesellschaften. Wie wird sich der Wahlsieg von Donald Trump auf die Wirtschaftsbeziehungen auswirken? Wir haben nachgefragt.

 

Trumpf-Chefin Nicola Leibinger-Kammüller:

„Ich bin wie viele andere Beobachter äußerst überrascht. Es gilt jetzt, mit Ruhe und Besonnenheit auf das endgültige Ergebnis zu schauen und keine vorschnellen Schlüsse zu ziehen. Die Rhetorik des Wahlkampfes muss nicht gleichbedeutend sein mit dem tatsächlichen politischen Handeln, gerade in Wirtschaftsfragen.

Trotz der Sorge angesichts der offenkundigen Polarisierung der amerikanischen Gesellschaft überwiegt für mich deshalb die Hoffnung auf eine weiterhin gute Entwicklung der transatlantischen Beziehungen.“

Nicola Leibinger-Kammüller wurde 1959 in Wilmington/Ohio geboren, sie hat also auch die amerikanische Staatsbürgerschaft und hat von Kindesbeinen an sehr enge Beziehungen zu den Vereinigten Staaten, wo der Werkzeugmaschinenhersteller Trumpf bereits 1969 eine Tochtergesellschaft gründete. Die US-Tochter ist nach Deutschland die umsatzstärkste der 71 Trumpf-Tochtergesellschaften weltweit.

Franz Kleiner, im Vorstand des Autozulieferers ZF Friedrichshafen verantwortlich für die Region Nordamerika:

„Die Vereinigten Staaten haben eine lange demokratische Tradition. Es ist eine souveräne Entscheidung des amerikanischen Volks, wer in den nächsten vier Jahren im Weißen Haus regieren soll. Wir würden es begrüßen, wenn der künftige Präsident die bewährte politische und wirtschaftliche Partnerschaft fortführt, die die USA und Deutschland seit gut 70 Jahren verbindet. Es gibt vielfältige Herausforderungen, die es zu bewältigen gilt – ob im In- oder Ausland. Sie werden einfacher zu bewältigen sein, wenn wir die gleichen Interessen verfolgen und an einem Strang ziehen.“

Daimler-Chef Dieter Zetsche:

Was sich in Wahlkämpfen abspielt, beschreibt nur bedingt, was nach der Wahl zu erwarten ist. Dass nach dem Wahlkampf eine gehörige Portion an Skepsis da ist, ist klar. Wir setzen auf einen konstruktiven Dialog mit der neuen Regierung. Daimler ist seit Jahren in den USA fest verwurzelt. Wir produzieren dort erfolgreich Pkw und Nutzfahrzeuge mit mehr als 22 000 Mitarbeitern. Wir sind als Arbeitgeber, Exporteur und Good Corporate Citizen fester Bestandteil der Wirtschaft und Öffentlichkeit in den USA.

Wirtschaftsministerin Nicole Hoffmeister-Kraut:

„Der US-Markt ist von immenser Bedeutung für Baden-Württembergs Wirtschaft. Wir setzen darauf, dass Präsident Trump der Verantwortung Amerikas als ökonomische Weltmacht gerecht wird und die Chancen freien Handels und freier Märkte fördert. Ich hoffe sehr, dass die bisweilen schrillen protektionistischen Töne, die oftmals den Wahlkampf geprägt haben, jetzt verstummen und wieder maßvolle Sachlichkeit einkehrt.“

Georg Fichtner, Präsident der Stuttgarter Industrie- und Handelskammer:

„Donald Trump hat im Verlauf des Wahlkampfs mehrfach seine distanzierte Haltung zu Europa und zur Verbesserung der Handelsbeziehungen mit der EU zum Ausdruck gebracht. Auch zur deutschen Politik hat er kritische Stellung bezogen. Ob und wie weit dies konkret Auswirkungen auf die Geschäftsbeziehungen zwischen den USA und Deutschland und insbesondere Baden-Württemberg haben könnte, ist kaum abzuschätzen. Die USA sind für die Unternehmen in Baden-Württemberg Wirtschaftspartner Nummer eins und damit ein sehr wichtiger Markt. Wir hoffen sehr darauf, dass auch unter Präsident Trump die guten wirtschaftlichen Beziehungen sich fortsetzen. Die Politik der USA in den zurückliegenden Jahren war von dem Ansatz geprägt, bei allen bestehenden berechtigten Eigeninteressen die transatlantische Partnerschaft zu pflegen. Von diesem Geist profitieren auch die Wirtschaftsbeziehungen.“

Rainer Dulger, Präsident der Arbeitgeber Baden-Württemberg:

„Entscheidend wird nun sein, ob Trump seine teils mit markigen Worten angekündigten Vorhaben wirklich umsetzt. Als äußerst kritisch würde ich es bewerten, wenn er tatsächlich bestehende Freihandelsverträge auf Eis legen und die Gespräche über ein transatlantisches Abkommen kündigen würde. Vom Freihandel profitiert die Wirtschaft diesseits und jenseits des Atlantiks. Eine stärkere Abschottung der USA hätte zweifellos negative Auswirkungen auf unsere exportstarke Wirtschaft. Auch die Ankündigung einer „Extremüberprüfung“ aller Menschen, die in die USA einreisen möchten, wäre eine Belastung. Betroffen wären auch alle Unternehmen, die Geschäfte in den USA und daher auch ständigen Personalaustausch betreiben.“

Stefan Wolf, Vorsitzender des Arbeitgeberverbands Südwestmetall:

„Ich hätte nach den Umfragen nicht erwartet, dass Trump auf der Zielgeraden Clinton noch abfängt. Ich persönlich hätte mir ein anderes Ergebnis gewünscht, aber die amerikanischen Wähler haben nun so entschieden. Meine Befürchtung ist, dass Trump in der Wirtschafts- und Handelspolitik den amerikanischen Interessen rigoros den Vorzug geben wird. Jedenfalls hat er einem weiteren Ausbau des Freihandels, etwa über das TTIP-Abkommen, bisher eine klare Absage erteilt, TTIP dürfte damit tot sein. Für unsere Industrie, für die die USA der wichtigste Exportmarkt sind, wäre das schädlich - übrigens langfristig auch für die US-Wirtschaft. Was mir wirklich Sorgen bereitet, ist die Frage, wie Trump die amerikanische Gesellschaft wieder zusammenführen will. Nicht zuletzt er selbst hat ja zu der erkennbaren Spaltung durch einen extrem aggressiven Wahlkampf maßgeblich beigetragen.“

Roman Zitzelsberger, Bezirksleiter der IG Metall Baden-Württemberg:

„Grundsätzlich gilt auch für diese Wahl – ein demokratisches Ergebnis ist wie es ist. Allerdings reiht sich Donald Trump in die Reihe der Populisten ein, die durch gesellschaftliche Spaltung, Sündenbock-Theorien und die Verbreitung von Unwahrheiten ein Klima geschaffen haben, das vermeintlich nur sie selbst lösen können. Aber auch für Trump gilt: Es gibt zwar das Recht auf eine eigene Meinung, aber nicht auf eine eigene Wahrheit. Wenn die abstrusen Vorstellungen nun auf die Realität treffen, ist zu befürchten, dass dies für den Gedanken von Freiheit, Sicherheit, sozialer Gerechtigkeit und wirtschaftlicher Stabilität – nicht nur der USA – negative Folgen haben dürfte. Mein Fazit: Wir müssen alles dafür tun, damit Populisten weder in den USA noch bei uns die Demokratie für ihre Zwecke missbrauchen können.“