Am Donnerstag übernimmt die aus dem „Morgenmagazin“ bekannte Dunja Hayali den ZDF-Polittalk: Die Moderatorin leitet als Vertretung von Maybrit Illner den „Donnerstalk“ im Zweiten. Das könnte ein Sprungbrett für die weitere Karriere sein.
Stuttgart - Emma ist schon da, ihr Frauchen schlurft noch hinterher. Emma ist eine Golden-Retriever-Hündin in den besten Jahren, ihr Frauchen ist Dunja Hayali. Viele kennen die ZDF-Moderatorin noch aus den „heute-nachrichten“ und aus dem „heute-journal“: Hayali, das ist die drahtige Frau mit den kurzen, verstrubbelten Haaren, die an der Seite von Claus Kleber moderierte, bevor sie 2010 zum „Morgenmagazin“ wechselte. Schlagfertig und souverän sind die Attribute, die man mit der 41-jährigen Frau verbindet, auch in der ZDF-Chefetage. In der Sommerpause darf sie Maybrit Illner mit einem eigenen Format vertreten, dem an diesem Donnerstag startenden „Donnerstalk“ – und sie kann dabei zeigen, was in ihr steckt, wenn sie das Korsett der Anchorwoman abstreifen darf.
Ganz privat: Flip-Flops, Jeans und T-Shirt
Seit Jahren lebt Dunja Hayali in Berlin-Kreuzberg. Ein heißer Tag im Juli, die Moderatorin folgt in Flip-Flops ihrer Golden-Retriever-Hündin: die ZDF-Frau privat, in Jeans und T-Shirt mit Tattoo auf dem rechten Arm. Was aber als erstes auffällt, ist der neugierige, verspielte und etwas tollpatschige Hund. Er ist beinahe ein Markenzeichen der Moderatorin geworden. Bei Interviews ist er oft mit dabei, sogar im „heute-journal“ hatte er schon einen Auftritt. Da döste er träge auf dem Pult, während Frauchen eine Meldung zu einem BGH-Urteil über Haustierhaltung verlas. Auch ein Buch hat Hayali ihrer Emma gewidmet: „Is was, Dog?“ – und man erfährt darin einiges über die Autorin, das sie sonst nicht preisgegeben hätte. Dass Emma nämlich genau das Gegenteil von ihr sei: „Ich bin ungeduldig, jähzornig und kann mich viel zu doll über winzige Kleinigkeiten aufregen.“ Dass der Hund sie also erde, dass er ihre intimsten Geheimnisse kenne, ihre größten Triumphe und ihre verheerendsten Niederlagen. Und dass er nur solche Leute anbellt, die sie, Hayali, auch anbellen würde.
Daran muss man denken, wenn man jetzt mit der ZDF-Hoffnungsträgerin und ihrem Hund durch Kreuzberg schlendert und sie einem erzählt, wie „happy“ sie sei, in der Sommerpause etwas völlig Neues ausprobieren zu können. Sie ist freundlich, aber neben Emma wirkt sie kühl und beinahe reserviert. Sie redet mit derselben Stimme, mit der sie schon Flugzeugabstürze oder Naturkatastrophen vermeldet hat. Aber vielleicht ist das auch ihre Art, sich zu schützen. Hayali kam 1974 als jüngste Tochter eines irakischen Arztes im westfälischen Datteln zur Welt. Ihre Eltern sind Christen. Menschen, denen es wichtig war, dass ihre Kinder sich in der Schule anstrengten und Freunde mit nach Hause brachten. Sie habe sich nie fremd gefühlt, sagt sie.
Die Moderatorin im Flüchtlingsheim
Die Fragen und Zweifel seien erst mit ihrem TV-Job gekommen. Er hat sie zu einer öffentlichen Person gemacht. Zu 99 Prozent bekäme sie zwar positive Reaktionen, aber es käme eben auch vor, dass Menschen im Internet fragten, was sie auf dem Schirm zu suchen habe, ob das Fernsehen denn keine deutschen Moderatoren habe? „Soll ich vielleicht meinen deutschen Reisepass in die Kamera halten?“ Dunja Hayali hat den Blick gesenkt. Hinter ihrer Rolle als Moderatorin hervorzutreten, damit tut sie sich schwer. „Ich stelle lieber Fragen“, sagt sie. Emma nimmt es stumm zur Kenntnis. Kein Gebelle. Eigentlich wollten wir über den „Donnerstalk“ sprechen, für sie mehr als nur ein neues Format. Denn hier geht es um ihre Zukunft. Das ahnt man, wenn die coole Frau erzählt, wie aufgeregt sie vor der Premiere sei. Dabei, das hat eine Pilotsendung für „ZDF Info gezeigt, scheint das Konzept zu funktionieren. Drei politische Themen in sechzig Minuten statt – wie bei Maybrit Illner – nur einem, dazu Gäste, die man noch nicht so oft bei Plasberg, Will, Jauch, Maischberger gesehen hat.
Das I-Tüpfelchen aber ist die Moderation. Hayali ist auch als Reporterin im Einsatz, und wenn sie in der ersten Folge mit ihren Gästen über jene Wutbürger diskutiert, die in Berlin-Marzahn gegen das neue Flüchtlingsheim mobil machen, kann sie Phrasen wie die von den Armutsflüchtlingen getrost ins Leere laufen lassen. Ein Einspieler zeigt, wie sie Bewohner des Heimes in Marzahn interviewt. Das Thema liegt ihr am Herzen, erst im Mai war sie im Irak, um eine Reportage über ein Flüchtlingslager zu drehen. Diese Erfahrung hat sie den anderen Talkmastern voraus, diese unmittelbare Nähe zu den Menschen, um die es in den endlosen Gesprächsrunden geht.
Sprungbrett für Führungskräfte
Der „Donnerstalk“ ist der Versuch, den ausgelaugten Polittalk neu zu beleben. Es könnte Hayalis Schlupfloch aus dem „Morgenmagazin“ werden, einer Sendung, die gerade mal 800 000 Zuschauer erreicht - vom frühen Aufstehen ganz zu schweigen. Um viertel vor vier muss sie aus den Federn. Jetzt aber kann Hayali mal wieder richtig ausschlafen: „Yeah!“
Das „Morgenmagazin“ ist ein Sprungbrett für ZDF-Führungskräfte. Peter Frey hat hier begonnen, Bettina Schausten und Maybrit Illner. Frey ist heute ZDF-Chefredakteur, Schausten leitet das ZDF-Hauptstadtstudio und Illner moderiert den Polittalk, den Hayali vertretungsweise übernimmt. Wenn Emma reden könnte, würde sie aus diesen Fakten jetzt vernehmliche Schlüsse ziehen. Aber der Hund macht, was Frauchen will. Er apportiert einen Ball.