Dann war die WM-Akkreditierung von Alberto Salazar deaktiviert.
Salazar auch in Oregon unerwünscht
Für den in Havanna geborenen Leichtathletiktrainer aus den USA ist der Entzug seiner Zugangsberechtigung zum WM-Stadion und den Trainingsstätten das geringste Problem. Alberto Salazar ist ab sofort nicht mehr nur in Doha unerwünscht, ihm ist es auch in seiner Heimat in Beaverton im US-Bundesstaat Oregon untersagt, seinem fürstlich dotierten Job als so genannter Startrainer nachgehen. Wegen zahlreichen Verstößen gegen die Antidopingregeln wurde der 61-Jährige von der amerikanischen Antidopingbehörde Usada für vier Jahre gesperrt. Es ist die bislang spektakulärste Nachricht von den Welttitelkämpfen in Doha, ein Erdbeben für die Leichtathletik.
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Alberto Salazar ist seit dem ersten Tag Chef des 2001 gegründeten und höchst umstrittenen Nike Oregon Projects (NOP). Es ist eine sagenumwobene Eliteschmiede, die aus Ausnahmetalenten Weltklasseläufer macht – und der auch die neue 10 000-Meter-Weltmeisterin Siffan Hassan (Niederlande) sowie die ganz große deutsche Laufhoffnung Konstanze Klosterhalfen angehören. In früheren Jahren zählte der viermalige Olympiasieger Mo Farah zu Salazars Schützlingen. Auch der Brite wird sich auf neue Ermittlungen einstellen müssen.
Drastische Vorwürfe
Die Vorwürfe gegen Salazar und den ebenfalls vier Jahre gesperrten NOP-Arzt Jeffrey Brown könnten gravierender kaum sein: Anwendung von verbotenen Infusionen, Besitz und illegaler Handel mit Testosteron und Vertuschung von Daten im Zusammenhang mit Dopingkontrollen. Das komplette Paket. Die Beschuldigenden hätten gezeigt, „dass ihnen Gewinnen wichtiger war als die Gesundheit und das Wohlbefinden ihrer Sportler“, erklärte Usada-Chef Travis Tygart – drastischer kann man es kaum formulieren.
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Gleichzeitig dankte Tygart namentlich nicht genannten ehemaligen NOP-Athleten, die als Kronzeugen fungierten: „Sie hatten den Mut, auszupacken und die Wahrheit zu enthüllen.“ Seit Jahren war die Dopingjäger der Usada dem NOP-Chef auf den Fersen. Sie haben unzählige Zeugen vernommen, sind Hinweisen nachgegangen, haben die Dokumente von Whistleblowern und investigativen Journalisten ausgewertet. Nun scheint Salazar endlich zu Fall gebracht. „Nahezu sicher“ sei es, dass der dreimalige Sieger des New-York-Marathons betrogen habe, sagte Usada-Chef Tygart.
Salazar will Berufung einlegen
„Schockiert“ reagierte Alberto Salazar und kündigte auf der NOP-Homepage umgehend an, Berufung einzulegen. Er wird wohl vor den Internationalen Sportgerichtshof (Cas) in Lausanne zu ziehen. „Während dieser sechsjährigen Ermittlungen haben meine Athleten und ich eine ungerechte, unethische und extrem beschädigende Behandlung durch die Usada erlebt“, sagte der 62-Jährige und beteuerte: „Ich habe immer darauf geachtet, dass der Wada-Code genau befolgt wird.“ Und vor allem: „Das Oregon-Projekt hat und wird niemals Doping erlauben.
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Auch Konstanze Klosterhalfen hat seit ihrem Wechsel in die USA im November 2018 die Zuhilfenahme unerlaubter Mittel immer wieder weit von sich gewiesen. Die „perfekten Trainingsbedingungen“ führte sie auf ihre Leistungsexplosion und die deutschen Rekorde über 3000 und 5000 Meter zurück. Dunkle Wolken sind nun auch über ihr aufgezogen – ausgerechnet am Tag vor ihrem ersten Rennen bei der WM. An diesem Mittwoch (17.25 Uhr/ZDF) geht die 22-Jährige im Vorlauf über 5000 Meter an den Start. Nach ihren famosen Leistungen in dieser Saison gilt Klosterhalfen als Medaillenkandidatin. Weil sich ihre NOP-Kollegin Siffan Hassan für einen Start über 1500 Meter entschieden hat, trauen manche der Deutschen sogar den ganz großen Wurf zu.
Salazars Assistent trainiert Klosterhalfen
Klosterhalfens Management teilte mit, dass Salazars Sperre zunächst nichts ändere. „Konstanze ist entschieden gegen jegliche Art von verbotenen Substanzen. Sie ist nie damit in Berührung gekommen“, erklärte ihr Sprecher. Zudem sei nicht Salazar selbst ihr Trainer, sondern einer seiner Assistenten, der NOP-Coach Pete Julian: „Das ist so und das bleibt so.“
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Der Trainer von Konstanze Klosterhalfen mag der gleiche bleiben – ihre Situation aber hat sich grundlegend verändert.