Doping bei Olympia Wer nicht hören will, muss endlich fühlen

Kamila Walijewa steht im Fokus der Ermittlungen. Foto: imago/ITAR-TASS

Schon wieder spielt Russland die unrühmliche Hauptrolle in einem aufsehenerregenden Dopingfall, kommentiert Jürgen Kemmner.

Sport: Jürgen Kemmner (jük)

Peking - Von Kamila Walijewa liegt eine positive Dopingprobe vor, das ist ein unbestrittener Fakt im verworrenen Fall der jungen Eiskunstläuferin. Natürlich muss im weiteren Verlauf die nötige Aufarbeitung aller Hintergründe erfolgen und aufgeklärt werden, warum die Analyse der Probe sechs Wochen in Anspruch nahm und das Ergebnis just in dem Moment vorgelegt wurde, nachdem die russische Eiskunstlauf-Mannschaft Team-Gold in Peking gewonnen hatte. Natürlich muss untersucht werden, wer der oder die Drahtzieher waren, und welches Maß an Mitschuld einer erst 15-Jährigen zugerechnet werden muss.

 

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Jeder Dopingfall ist erschütternd und zeigt, in welche Abgründe das Streben nach Ruhm, Ehre und Geld im sportlichen Wettstreit führen kann. Dieser Fall besitzt aber eine ganz besondere Dimension. Erneut sind in einen aufsehenerregenden Dopingfall fast ausschließlich Personen aus Russland involviert, nachdem bei den Winterspielen 2014 mit staatlicher Unterstützung betrogen worden war und Jahre später im Dopinglabor in Moskau der Rest der Welt mit allen Mitteln ausgetrickst worden ist. Der internationale Sport ließ als Reaktion Milde walten, als Konsequenz wurden russische Delegationen bei großen Wettkämpfen ausgeschlossen, zudem sind Landesflagge und -hymne tabu. Man wollte mit dem Gnadenakt einer neuen russischen Generation die Chance nicht verbauen, einen unbelasteten Neuaufbau zu beginnen, nachdem die alten Kräfte aus dem Verkehr gezogen worden waren.

Kein Unrechtsbewusstsein

Ein Trugschluss. Denn der Fall Walijewa sowie die Reaktionen von russischer Seite belegen, dass Unrechtsempfinden gegenüber Sportbetrug bei einigen Menschen, die Russland repräsentieren, nicht in dem Maße ausgeprägt ist, wie es sein müsste. Oder dass Gier nach Erfolg jede Moral über Bord wirft. Der weltweite Sport hat zuvor wie ein Elternteil nur mit erhobenem Zeigefinger gedroht, einst hieß es: Wer nicht hören will, muss fühlen. Es geht nicht um die geächtete Prügelstrafe, aber als Metapher dient sie wunderbar. Die Sanktionen für kollektive Dopingvergehen müssen spürbar werden, sonst wird es immer Unbelehrbare geben.

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