Die Antidopingagentur verstärkt vor den Olympischen Spielen den Kampf gegen den Betrug im Radsport - und achtet auch auf merkwürdige Methoden.

Stuttgart - Die Nationale Antidopingagentur (Nada) fragte jüngst plakativ: "Sieht London saubere Spiele?" Die Antwort darauf ist klar: Natürlich nicht. Die pharmakologische Unterstützung gehört in vielen olympischen Disziplinen dazu wie der Schweiß im Training. Das bedeutet aber noch lange nicht, dass bei den Olympischen Spielen 2012 in England auch massenhaft Athleten positiv getestet werden. "Ich denke nicht, dass in London viel rauskommen wird", sagt Andrea Gotzmann, die Vorstandsvorsitzende der Nada. "Von jetzt an wird im Training die Basis für die Erfolge im nächsten Jahr gelegt, jetzt müssen wir kontrollieren."

 

Hehre Ziele, für welche die Nada einen langen Atem braucht, weil die Wirklichkeit im Profisport gegen große und schnelle Erfolge spricht. Auf der einen Seite steht die Nada mit etwa 4,5 Millionen Euro Jahresetat und etwa 30 Mitarbeitern. Auf der anderen Seite ein konspiratives System, dass im Medikamentenhandel mafiöse Strukturen aufweist. Dazu kommen gewissenlose Ärzte, die immer neue Wirkstoffe einsetzen, für die es keine Tests gibt. Oder die zum Beispiel für Epo die minimale Dosis herausfinden, die gerade noch wirkt, aber zu keinem positiven Test führt.

Illegale Beschaffung wird einfacher

Die Analytik hinkt hinterher, und obendrein wird die illegale Beschaffung aller wichtigen Dopingsubstanzen durch das Internet immer einfacher. Und zum Schluss gibt es natürlich auch noch genug Weißkittel, die Leistungssportler per Attest zu Patienten machen. So sollen bis zu 25 Prozent aller Radprofis unter Asthma leiden, was ihnen unter anderem erlaubt, Medikamente einzunehmen, die den muskelaufbauenden Stoff Clenbuterol enthalten.

Gegen die mächtigen Dopingstrukturen stemmt sich die Nada im Sinne des Sports und rüstet im vorolympischen Jahr im Kontrollwesen auf. Seit Beginn 2011 hat sich die Nada zu einer Task-Force mit dem Bundeskriminalamt, der Staatsanwaltschaft, dem Zoll und mit den führenden Dopinganalytikern des Landes verknüpft. "Das Ziel ist, durch die Vernetzung die Erfolgsaussichten der Ermittler zu erhöhen", sagt Nada-Vorstandsmitglied Lars Mortsiefer.

Blutpass soll helfen

Im Kampf gegen Doping setzt man zudem darauf, flächendeckend den sogenannten Blutpass einzuführen. Die vom Profiradsport 2007 initiierte Idee soll durch die die dauerhafte Überwachung bestimmter Blutwerte Auffälligkeiten sichtbar machen. Ein präzises Instrument - das Problem ist aber, dass es nur indirekte Nachweise für Doping liefert und damit juristisch angreifbar ist. Zudem sind die Tests teuer. Gotzmann kündigt deshalb an, zunächst nur in Risikosportarten wie etwa Radsport, Schwimmen und Leichtathletik Blutprofile anlegen zu lassen. Zu mehr reichen die Mittel nicht. "Wir können auch nicht bei jeder der etwa 8000 Urinkontrollen pro Jahr gleichzeitig eine Blutkontrolle machen", sagt die Nada-Chefin.

Der Blutpass ist trotzdem ein wichtiger Beweis, dass man sich in Deutschland bemüht. Das ist nicht überall so. In Spanien werden heute noch bei Dopingfällen eher die Kontrolleure angefeindet als die Überführten. Und nach einem neuen Urteil des Obersten Gerichtshofes müssen sich spanische Sportler künftig auch nicht mehr sorgen, nächtens kontrolliert zu werden. Das Gesetz wurde kassiert, weil angeblich die Verbände an der Gestaltung der Gesetzesänderung nicht genügend beteiligt waren. In Österreich wurde jüngst der Schwimmstar Dinko Jukic von der dortigen Nada freigesprochen, obwohl er im Frühjahr einen Test verweigert hatte. Jukic gilt als Medaillenkandidat für London.

Nada setzt auf Prävention

Die Nada will sich von solchen Dingen aber nicht beirren lassen und setzt verstärkt auch auf Prävention. Andrea Gotzmann hofft, das Bewusstsein der Athleten ändern zu können: "Wir müssen die jungen Sportler von heute so erziehen, dass sie Nein zu Doping sagen." Ein hohes Ziel in der oftmals korrupten Welt des Spitzensports. Zumal selbst die eigenen Regeln manchmal nur schwer zu verstehen sind.

In der Nada-Liste der zugelassenen Medikamente taucht zum Beispiel auch Viagra auf. Ein Mittel, dass nicht nur die Potenz steigert, sondern auch die Lungenfunktion zumindest in der Höhe nachweislich verbessert. Einige Radprofis des früheren Teams Gerolsteiner nutzten dies bereits vor Jahren und radelten sozusagen stolzgeschwellt und völlig legal durchs Land. Es scheint noch ein weiter Weg zu sein bis zu einem sauberen Sport.