100 Milliarden Euro kann das Land in den nächsten beiden Jahren ausgeben – so viel wir noch nie. Erstmals sollen auch Schulden am Kreditmatkt zurückgezahlt werden. Insgesamt 500 Millionen Euro sind dafür vorgesehen.

Stuttgart - Aus Sicht von Finanzministerin Edith Sitzmann ist es eine „Premiere in mehrfacher Hinsicht“. Der Doppelhaushalt für 2018/19 wächst auf 100 Milliarden Euro an – so gut gefüllt war die Landeskasse noch nie. Zum fünften Mal hintereinander werden keine neuen Schulden gemacht. Und erstmals werden sogar Schulden abgebaut. „Das ist eine historische Trendwende, meine Damen und Herren“, betont die Grünen-Politikerin bei ihrer Haushaltsrede am Donnerstag im Landtag. Im Haushalt 2017 sind Einnahmen und Ausgaben von 47,9 Milliarden Euro vorgesehen.

 

Grund für die vollen Kassen ist die gute wirtschaftliche Lage. Mit 3,3 Prozent ist die Arbeitslosigkeit im Südwesten so niedrig wie seit der Wiedervereinigung nicht mehr, die Steuereinnahmen sprudeln deutlich stärker als in anderen Jahren. Das führe natürlich zu noch mehr Begehrlichkeiten, sagt Sitzmann. Um gut auf das Jahr 2020 vorbereitet zu sein, wenn die Schuldenbremse in Kraft tritt, lege das Finanzministerium aber keinen „Schönwetterhaushalt vor, sondern einen wetterfesten Haushalt“.

Um den Haushalt zu sanieren, müssen die Ministerien in nächsten zwei Jahren jeweils 300 Millionen Euro dauerhaft einsparen. Zugleich werden für das nächste Jahr 230 Millionen, für das Jahr danach 386 Millionen Euro dauerhafte Mehrausgaben bereitgestellt. Für einmalige Mehraussgaben stehen jeweils 300 Millionen Euro bereit.

Fast ein Viertel für das Kultusministerium

Den größten Etat mit 11,1 Milliarden Euro 2018 und 11,37 Milliarden Euro 2019 hat das Kultusministerium, das sind fast 800 Millionen mehr als in diesem Jahr. Insgesamt sollen 1300 Lehrer mehr unterrichten als bisher vorgesehen waren. Zudem sollen 600 Stellen für Lehrer verlängert werden, die Flüchtlingskinder unterrichten. Für die Kleinkindbetreuung sind 2018 rund 900 Millionen Euro eingeplant.

Auch die Ausgaben für die Innere Sicherheit steigen weiter. Unter anderem werden 400 zusätzliche Stellen bei der Polizei und 186 bei der Justiz geschaffen. Ein deutliches Zeichen will Grün-Schwarz auch beim Thema Umwelt und Klimaschutz setzen. Je 15 Millionen Euro sollen 2018 und 2019 für den Erhalt der biologischen Vielfalt fließen. Die Mittel für Streuobstwiesen, Steillagenweinbau und andere Programme werden angehoben. Durch 225 neue Stellen sollen die Umwelt- und Naturschutzverwaltung gestärkt und Genehmigungsverfahren beschleunigt werden.

Jeweils 180 Millionen Euro fließen in den nächsten zwei Jahren in die Sanierung von Landesstraßen, weitere 100 Millionen in den Neu- und Ausbau. Mit 23 Millionen sollen auch neue öffentliche Verkehrsmittel gefördert werden. „Alle Orte im Land sollen mit öffentlichen Verkehrsmitteln zwischen 5 und 24 Uhr im Ein-Stunden-Takt erreicht werden können“, sagte Sitzmann. Die zusätzlichen Mittel für die Digitalisierung werden von derzeit 100 Millionen Euro auf 149 Millionen 2018 und 173 Millionen Euro 2019 angehoben.

Kommunen sehen sich zu wenig berücksichtigt

Vorgesehen ist aber auch, dass das Land mit dem Abbau des Schuldenberges von rund 47 Milliarden Euro beginnt. 2018 und 2019 sollen jeweils 250 Millionen Euro Schulden am Kreditmarkt zurückgezahlt werden. Zudem sollen 1,9 Milliarden Euro dafür verwendet werden, so genannte implizite Schulden abzubauen. Für die Sanierung maroder Landesstraßen und Brücken, Hochschulgebäude und Kliniken, Polizeigebäude, Gerichte und Finanzämter sind 1,25 Milliarden Euro eingeplant, 120 Millionen Euro sollen für die Altersversorgung von Beamten und Hinterbliebenen zurückgelegt werden. Derzeit gibt das Land 4,9 Milliarden Euro für Pensionen aus, bis 2050 rechnet das Finanzministerium mit einem Anstieg auf 8,8 Milliarden Euro jährlich.

Von den Einnahmen sollen auch die Kommunen profitieren. Durch den 2016 eingerichteten Kommunalen Sanierungsfonds erhalten sie 108 Millionen 2018 und 2136 Millionen Euro 2019, etwa für die Schulsanierung. Zudem profitierten die Kommunen auch von den hohen Steuereinnahmen und stünden damit „bundesweit spitze da“, so Sitzmann.

Die Kommunen hingegen klagen, dass die Finanzministerin den Haushaltsentwurf in den Landtag einbrachte, obwohl die Gemeinsame Finanzkommission des Landes und der Kommunen bisher keine Ergebnisse erzielt hätten. Deshalb blieben kommunale Interessen im Haushaltsentwurf nun nahezu unberücksichtigt, so Städtetag, Gemeindetag und Landkreistag.

Die Aussprache über den Haushalt, der insgesamt 4365 Seiten umfasst, findet am kommenden Mittwoch statt. SPD und FDP drängen aber schon jetzt darauf, dass das Land die üppigen Steuereinnahmen dazu nutzt, um mehr Schulden zurückzuzahlen als bisher geplant. Die AfD forderte Steuersenkungen.