Ein Tanzschuppen aus den Siebzigern, einst die Rettung der Landjugend, soll in ein Heimatmuseum gebracht werden – das Museumsdorf Cloppenburg. Und das ist nicht die letzte kuriose museale Entdeckung.

Manteldesk: Mirko Weber (miw)

Cloppenburg - Zuerst sind die Ziegel dran, dann wird der Dachstuhl zersägt und schließlich die Fassade in acht Stücke geschnitten. Am Ende kommen die Tieflader. Sie bringen eine komplette ehemalige Discothek, die in den sechziger Jahren auf den eher biedermeierlichen Namen „Zum Sonnenstein“ getauft wurde, samt Innenleben – vom Aschenbecher bis zur Schallplattensammlung (1800 Stück) – von der Gemeinde Harpstedt, Kreis Oldenburg, in das Museumsdorf Cloppenburg, wo der Tanzschuppen originalgetreu wieder aufgebaut und im alten Ambiente betanzt werden soll. Schräge Idee? Wie man’s nimmt.

 

Im Augenblick jedenfalls, wo immer noch halb Deutschland im Urlaub ist, fragt sich schließlich wohl mancher in einer Verschnaufpause, wenn er die Brandung im Blick hat oder ein Tal zu Füßen liegt, wo denn wohl (im letzten Jahr und überhaupt) die Zeit geblieben ist? Natürlich ist die Thematik gedanklich nie ganz zu bewältigen, aber Leser von Hartmut Rosa („Beschleunigung. Die Veränderungen der Zeitstrukturen in der Moderne“) wissen zumindest, dass wir aus dieser Lebensmühle tendenziell immer schlechter rauskommen. Schnelligkeit auf allen Ebenen ist Pflicht, nicht nur bei der Arbeit. Der Soziologe Rosa hat – im Jahr 2005! – im Übrigen bereits vorausgesehen, wozu die Beschleunigung unter anderem führen würde, nämlich dazu, dass die Politik weniger vom Argument denn vom Ressentiment leben werde. Was sich bewiesen hat.

Ein Tante-Emma-Laden als nächstes

Vor diesem Hintergrund ist es nicht groß verwunderlich, dass zunehmend rascher in die Museen überführt wird, was, gefühlt, gerade noch zum Alltag dazugehörte. Die Cloppenburger planen neben der Errichtung eines Aussiedlerhofes in ursprünglicher Gestalt demnächst auch ein Fertighaus aus dem Quelle-Katalog sowie ein Lebensmittelgeschäft der Marke Tante Emma zu zeigen. Solche gab es, bevor die Marktbeherrscher Onlinebestellungen rund um die Uhr durch die Gegend karrten. Die Reanimation der Disco „Zum Sonnenstein“, ehemals „eine Heiratsschmiede“, wie die Ex-Betreiber betonen, erinnert an diese Jahre. Demnächst werden sich hier Veteranen treffen, „Time is on my Side“ von den Rolling Stones singen und sich wundern, dass die Zeit schneller vergeht denn je.