Mit dem Projekt Galateas will die Künstlerin Justyana Koeke Frauen beim Ausstieg aus dem Sex-Geschäft helfen. Mit ihrer Aktion hat die Künstlerin rund 17 000 Euro Spendengeld gesammelt.

Stuttgart - Ausstieg aus der Prostitution – dabei will Justyana Koeke Prostituierten in Stuttgart helfen. Mit ihrem Projekt Galateas hat die Künstlerin und Dozentin an der Akademie für Bildende Künste Stuttgart 16 980 Euro an Spendengeldern gesammelt. Das Geld bekommen ausstiegswillige Frauen als Zuschuss zum Leben während sie sich auf ihrem Weg raus aus der Prostitution umorientieren.

 

Ivana ist eine der Frauen, die aus dem Milieu zurück in ein bürgerliches Leben will. Vor gut zwei Jahren kam die 26-Jährige aus Rumänien nach Stuttgart – ein Jahr bevor sie dort ihr Studium im Bereich Marketing abgeschlossen hätte. „In Rumänien waren die Berufs- und Verdienstaussichten so schlecht, dass es keinen Sinn gemacht hat“, sagt sie. Warum sie in Stuttgartin die Prostitution gerutschtist: So ganz klar scheint ihr das selbst nicht zu sein. „Ich wollte Geld verdienen“, sagt sie – und hat zunächst in einem FKK-Club angefangen, ohne recht zu wissen, was auf sie zukommt. „Dort hab ich dann gemacht, was alle Frauen gemacht haben.“ Nach nur einer Woche dort hat sie sich ein Zimmer in einem Stuttgarter Bordell gemietet. „Um die Kosten von 130 Euro pro Nacht plus rund 30 Euro pro Tag für den Service zu verdienen, muss man fünf Freier am Tag machen“, sagt sie. An „guten Tagen“, wurden es auch manchmal 20. Einen Zuhälter hatte sie nach eigenen Angaben nie gehabt.

Der Wendepunkt in Ivanas Leben kam, als sie mit starken Unterleibsschmerzen ins Krankenhaus musste. Sie beschloss, Schluss mit der Prostitution zu machen. Im Café La Strada, der Anlaufstelle für Prostituierte an der Jakobstraße, hatte sie bereits Kontakt zu Charlotte Brunner, Sozialarbeiterin bei der Caritas. Mittlerweile lebt Ivana zusammen mit zwei weiteren ausstiegswilligen Frauen in einer Wohnung der Caritas im Stuttgarter Norden. Ihr Wunsch ist, eine Ausbildung zu Konditorin zu machen, denn sie isst gern Torten und Kuchen und stellt sie auch selbst gern her.

Nicht jede Frau schafft den Ausstieg

Sozialarbeiterin Brunner hat die Erfahrung gemacht, dass ausstiegswillige Frauen von der Vergangenheit oft eingeholt werden: Depressive Phasen und das Gefühl, wertlos zu sein, halte sie häufig ab, aktiv zu werden und zum Beispiel Termine für Bewerbungsgespräche einzuhalten. Brunner hat in einem Jahr acht Frauen betreut. Zwei von ihnen gehen mittlerweile wieder der Prostitution nach, die anderen haben einen Job außerhalb des Milieus.

Mit den 16 980 Euro, die die Künstlerin Justyana Koeke über Spenden zusammengebracht hat, werden die ausstiegswilligen Frauen finanziell unterstützt: durch Hilfe zum Lebensunterhalt bis sie einen eigenen Job haben, Geld für eine Monatsfahrkarte oder kleine Anschaffungen. Zusammen kam der Betrag von Mitte Mai bis Ende Juni. In dieser Zeit hat Koeke gemeinsam mit anderen Kulturschaffenden in Stuttgart zahlreiche Veranstaltungen wie Benefizkonzerte, Figurentheater und Picknicks organisiert. Die Boutique Erotique im Westen hat „schöne Sachen, die Frauen Freude machen“, so Koeke, zu Gunsten von „Galateas“ feil geboten.

Den Namen „Galateas“ hat Koeke für die Aktion gewählt, weil sich der Bildhauer Pygmalion mit Galatea eine Frau aus Elfenbein geschaffen und sie zum Objekt seiner Begierde degradiert hat. Doch die Statue bleibt nicht Objekt, sie erwacht zum Leben. Koeke: „Dass Männer Frauen kaufen und sie zum Objekt machen, das geht nicht.“