So etwas nennt man wohl Ironie des Schicksals: Bei jedem Gleitschirmflug ist der Münchinger Ferdinand Vogel den unwägbaren Gefahren von Wind und Wetter ausgesetzt. Doch dass der 22-Jährige nach einem Splitterbruch am linken Bein mehrere Wochen im Stuttgarter Robert-Bosch-Krankenhaus gelegen ist, hat nichts mit seinem geliebten Sport zu tun. Es war ein Autounfall, der ihm drei Operationen beschert und seine Gleitschirmfliegerkarriere abrupt gestoppt hat.

Münchingen - So etwas nennt man wohl Ironie des Schicksals: Bei jedem Gleitschirmflug ist der Münchinger Ferdinand Vogel den unwägbaren Gefahren von Wind und Wetter ausgesetzt. Unerwartete Turbulenzen oder überraschende Änderungen der Thermik können ihn in Lebensgefahr bringen. Doch dass der 22-Jährige nach einem Splitterbruch am linken Bein mehrere Wochen im Stuttgarter Robert-Bosch-Krankenhaus gelegen ist, hat nichts mit seinem geliebten Sport zu tun. Es war ein Autounfall, der ihm drei Operationen beschert und seine Gleitschirmfliegerkarriere abrupt gestoppt hat. „Es wird bis zum nächsten Jahr dauern, bis ich wieder mit dem Gleitschirm aufsteigen kann“, sagte der Münchinger – und seine Augen machen dabei einen traurigen Eindruck.

 

Es ist umso ärgerlicher, da die Karriere des Studenten, der bereits mit 14 Jahren mit dem Gleitschirmfliegen begonnen hat, in diesem Jahr so richtig Fahrt aufgenommen hatte. Dank eines sechsten Platzes bei den österreichischen Staatsmeisterschaften 2012 hatte sich Ferdinand Vogel erstmals für die Teilnahme am Worldcup qualifiziert. Beim Wettbewerb in Loudenvielle in den französischen Pyrenäen Ende Juni durfte sich der 22-Jährige erstmals mit den Besten der Welt messen. „Es waren rund 120 Teilnehmer am Start, und mein Ziel war, in der vorderen Hälfte zu landen“, beschrieb der Münchinger sein Ziel. Doch schon am ersten Flugtag ließ der 22-Jährige aufhorchen: Er kam als Zehnter und damit zweitbester Deutscher ins Ziel. Endgültig in den Mittelpunkt rückte Ferdinand Vogel nach dem zweiten Flugtag, als er die Gesamtführung übernahm. „Da hat mich jeder gegrüßt und viele haben mich den nächsten Chrigel Maurer genannt“, erzählt Vogel in Anspielung auf den derzeit überragenden Schweizer Gleitschirmflieger.

Sein überragendes Talent bestätigte Ferdinand Vogel am dritten Wettkampftag, den er ebenfalls als Erster abschloss. Bis zur letzten Prüfung lag der Münchinger auf Rang eins – als sich dann Nervosität und fehlende Routine doch noch bemerkbar machten. „Ich habe an einem Hang zu viel riskiert und musste 70 Meter über einem Tal eine Stunde lang kämpfen“, beschreibt er seinen Fehler, der dazu führte, dass er erst nach sieben Stunden ins Ziel kam – mehr als drei Stunden nach dem Tagessieger. Dennoch bleiben ihm von seinem ersten Worldcup nicht nur Rang acht in der Gesamtwertung, mit dem er seine Erwartungen bei Weitem übertraf, sondern auch beeindruckende Naturerlebnisse: „Ich bin über Gletscher und Wasserfälle geflogen und habe Geier mit einer Spannweite von drei Metern aus nächster Nähe gesehen“, schwärmt Ferdinand Vogel von der Pyrenäenlandschaft.

Sein zweites Großerlebnis in diesem Sommer war ein Dreicksflug mit Start und Ziel in Garmisch über das Lechtal, Bludenz, den Bodensee, Italien und Österreich. 274 Kilometer legte der 22-Jährige dabei zurück – es war der dritt weiteste Dreieckflug weltweit bisher. Mitte Juli erhielt der Münchinger mit der Urkunde vom Deutschen Hängergleiterverband die offizielle Anerkennung seines Rekordfluges. Der bisherige Weltrekord liegt mit 279 Kilometern nur knapp darüber. „Dank des immer besser werdenden Materials wird aber bald die 300 Kilometer-Marke fallen“, glaubt Vogel. Dass solche Flüge den Piloten an Grenzen führen, hat er selbst erlebt: Fast elf Stunden war er in der Luft, in der letzten Stunde plagte ihn heftigstes Kopfweh, da sein Vier-Liter-Trinkbeutel leer war. „Am Schluss haben mir ein paar befreundete Flieger massiv geholfen, ich bin nur noch hinterhergeflogen“, erzählt der 22-Jährige, der über seinen Vater zum Gleitschirmfliegen gekommen ist. Mit diesem Rekordflug hätte Ferdinand Vogel große Chancen auf die Deutsche Streckenmeisterschaft. Doch es fehlt ihm noch ein guter Flug in Deutschland – und den wird er in diesem Jahr wegen seiner Verletzung nicht mehr schaffen. Als kleiner Trost bleibt ihm, dass ihm die Deutsche Junioren-Streckenmeisterschaft für Piloten bis 28 Jahre wohl nicht mehr zu nehmen ist.

Das Gleitschirmfliegen soll im Leben von Ferdinand Vogel künftig eine noch größere Rolle einnehmen. Der gelernte Systemelektroniker – sein Abschluss war der zweitbeste in Deutschland – studiert inzwischen Elektrotechnik an der Fachhochschule in Kempten. Nebenher arbeitet er bei einem Gleitschirmhersteller in Fürstenfeldbruck und will sich zum offiziellen Testpiloten fortbilden lassen. Dem Unfall und möglichen bleibenden Folgen zum Trotz will der Münchinger seinem Sport treu bleiben. „Hey, mich gibt’s noch“, schickt er seinen Konkurrenten eine Warnung für 2014 zu. Inzwischen kann er sich wieder beschwerdefrei bewegen. Und die Ärzte haben ihm grünes Licht gegeben, dass er ab Februar 2014 wieder in die Lüfte abheben darf.