Krebs ist heimtückisch und endet oft tödlich. Und es ist längst keine Krankheit des Alters mehr. Immer mehr unter 50-Jährige werden mit der schockierenden Diagnose konfrontiert. Das liegt vor allem an bestimmten Risikofaktoren, wie eine neue US-Studie deutlich macht.

Wochenend-Magazin: Markus Brauer (mb)

Krebs ist eine tückische Krankheit – und keine des Alters mehr. In den zurückliegenden 30 Jahren hat die Zahl der Krebsfälle bei unter 50-Jährigen massiv zugenommen, wie eine neue Studie im Fachmagazin „The Lancet Public Health“ zeigt.

 

Früherkennungs-Maßnahmen erst ab 50

Tumore entwickeln sich oft erst Jahrzehnte nach der auslösenden Schädigung von Zellen und DNA durch Umwelteinflüsse oder Mutationen. Deshalb werden die meisten Früherkennungs-Maßnahmen erst ab dem 50. Lebensjahr und später durchgeführt.

3D-Illustration von Krebszellen im menschlichen Organismus. Foto: Imago/Depositphotos

Im September 2023 deckte eine im Fachmagazin „BMJ Oncology“ veröffentlicht globale Studie einen beunruhigenden Trend auf: Inzwischen erkranken immer jüngere Menschen zunehmend häufiger an Krebs. Vor allem Brustkrebs, Lungenkrebs und Darmkrebs, aber auch Prostatakrebs und Nasen-Rachenkrebs haben demnach bei unter 50-Jährigen zugenommen. Was sind die Gründe?

Krebsrate hat sich teilweise drastisch erhöht

Die neue US-Studie greift die Ergebnisse der Studie aus dem vergangenen Jahr auf und weist für 34 Krebsarten nach, welche Generationen in welchem Ausmaße betroffen sind.

Das Team um Hyuna Sung von der American Cancer Society in Atlanta durchforstete für ihre Analyse die Krankenakten von 23,6 Millionen amerikanischen Krebspatienten im Alter von 25 bis 84 Jahren aus, die in den Jahren 2000 bis 2019 ihre Diagnose erhalten hatten.

  • Das Ergebnis: Im Verlauf der letzten Generationen hat sich die Krebsrate teilweise drastisch erhöht.
  • Je später der Geburtsjahrgang, desto höher die Häufigkeit für 17 von 34 Krebsarten, wie das Team herausgefunden hat.
3D-Darstellung einer Pankreas-Krebszelle. Foto: Imago/Depositphotos
  • So erkranken die ab 1990 Geborenen zwei- bis dreimal häufiger an Bauchspeicheldrüsenkrebs, Dünndarmkrebs oder Nierenkrebs als die um 1955 geborene Babyboomer-Generation.
  • Aber auch Leberkrebs, Brustkrebs, Dickdarmkrebs oder Blasen- und Eierstückkrebs treffen heute immer häufiger jüngere.

Kein einheitlicher diagnostischer Trend

„Diese Ergebnisse stützen die zunehmenden Belege für das gestiegene Krebsrisiko bei Post-Babyboomer-Generationen“, betont Hyuna Sung.

  • Millennials erkranken demnach je nach Krebsart zwischen zwölf bis 167 Prozent häufiger an Krebs als frühere Generationen.
  • Einige Krebsarten wie Dickdarmkrebs, Magenkrebs und bei Frauen Eierstockkrebs und Gebärmutterkrebs werden bereits im Alter von 30 bis 54 Jahren diagnostiziert.
  • Anderen Tumorformen hingegen sind heute seltener als früher oder treten wenig häufiger bei jüngeren Generationen auf: Lungenkrebs, die durch das Humane Papillomavirus ausgelösten Tumore des Gebärmutterhalses und des Hals-Rachen-Raums.
T-Zellen sind Zellen des Immunsystems. Ihren Angriffsversuchen entziehen sich die Krebszellen durch diverse molekulare Tricks. Somit bleiben die T-Zellen stumpf. Sie erkennen ihre Gegner, die Krebszellen, gar nicht mehr. Foto: Imago/Pond5 Images

Was sind die Ursachen für steigenden Fallzahlen?

„Bisher haben wir keine eindeutige Erklärung dafür, warum die Raten steigen“, schreiben die Forscher. „Aber die steigenden Krebsraten der jeweils jüngeren Generationen deuten darauf hin, dass es in der frühen Kindheit oder im jungen Erwachsenenalter dieser Generationen eine erhöhte Belastung mit krebserregenden Faktoren gegeben haben muss.“

Eine mögliche Ursache könnten Veränderungen der Lebensweise und Gesundheit sein: „Zehn der 17 Krebsarten mit zunehmender Häufigkeit bei jüngeren Jahrgängen sind eng mit Übergewicht verknüpft“, betonen die Mediziner. Dazu gehören Darm- und Magenkrebs, Bauchspeicheldrüsenkrebs, Leberkrebs sowie Tumore von Blase und Nieren oder bestimmte Brustkrebsarten.

Teilung einer Krebszelle (cancer cell division). Foto: Imago/Depositphotos

Krebs – und Erkrankungsfaktoren

Neben genetischer Disposition, Umweltbelastungen und Stressfaktoren im Beruf und Privatleben spielt die Lebensweise eine entscheidende Rolle. Die Risikofaktoren sind im einzelnen:

  • fleischreiche Ernährung
  • viel Salz
  • wenig Obst, Gemüse und Milch
  • Alkoholkonsum
  • Rauchen
  • Übergewicht

Welche Rolle Adipositas spielt

Die Zunahmen kann den Forschern zufolge auch mit Übergewicht und Adipositas zusammenhängen. Denn gerade bei Millennials und anderen Post-Babyboomer-Generationen hat die Zahl der Kinder und Jugendlichen mit Übergewicht und beginnenden Stoffwechselerkrankungen deutlich zugenommen.

„Unsere Daten unterstreichen die dringende Notwendigkeit“, sagt Seniorautor Ahmedin Jemal von der American Cancer Society, „die Risikofaktoren für diese Krebszunahme zu identifizieren, damit wir Präventions-Strategien entwickeln können.“