ExklusivDrastisches Sparprogramm Die meisten Daimler-Jobs sollen in Deutschland wegfallen

Der Autobauer will die Personalkosten bis 2022 um 1,4 Milliarden Euro senken. Zwei Drittel des vorgegebenen Sparziels sollen in Deutschland erreicht werden. Der Betriebsrat ist alarmiert.
Stuttgart - Der angekündigte Stellenabbau des Autobauers Daimler, bei dem die Personalkosten um 1,4 Milliarden Euro gesenkt werden sollen, trifft vor allem die Beschäftigten in Deutschland: „Zwei Drittel der Summe sollen in Deutschland eingespart werden“, sagte Michael Brecht, Gesamtbetriebsratschef des Konzerns, unserer Zeitung. Das aber seien die Vorstellungen des Konzerns. „Weder das Einsparpotenzial in Höhe von 1,4 Milliarden Euro noch ein Stellenabbau in der Größenordnung von mindestens 10 000 Menschen ist vom Betriebsrat abgesegnet worden.“ Daimler hatte am Freitag angekündigt, weltweit mindestens 10 000 Stellen streichen und 1,4 Milliarden Euro Personalkosten einsparen zu wollen. Brecht zeigte sich irritiert darüber, dass der Konzern eine konkrete Zahl genannt hat. Es sei vereinbart gewesen, nicht über Kopfzahlen zu reden. „Wir waren uns einig, dass wir den Stellenabbau bei Daimler anders angehen wollen als andere Akteure in der Autoindustrie.“
Die Mammutaufgabe für das Unternehmen bestehe nun darin, die Abläufe so zu optimieren, dass sie von weniger Menschen erledigt werden könnten, ohne dass es zu einer Leistungsverdichtung komme, so Brecht. Der Konzern wolle beispielsweise die Kosten senken, indem die Zahl der Leiharbeiter in indirekten Bereichen reduziert werde. Dort seien Stand November 2019 rund 3000 Zeitarbeiter beschäftigt. Zu den indirekten Bereichen zählt alles außer der Produktion. Außerdem will der Konzern Altersteilzeit für bestimmte Jahrgänge attraktiver machen. „Die Zahl der Beschäftigten in indirekten Bereichen in Deutschland, die potenziell noch in Altersteilzeit gehen könnten, liegt bei 2000 Menschen.“
Konflikt um Zukunft des Motorenwerks Untertürkheim
Wie unter einem Brennglas zeigt sich das Dilemma der deutschen Autoindustrie im Motorenwerk in Untertürkheim. Dort hängt ein Großteil der 19 000 Jobs an Autos mit Verbrennungsmotoren, die künftig von Autos mit alternativen Antriebsformen abgelöst werden. Der Betriebsrat kämpft seit Monaten darum, dass die Beschäftigten des Werks auch den Antriebsstrang für die Daimler-E-Autos produzieren dürfen. Dem Konzern ist dies allerdings 180 Millionen Euro zu teuer.
Weil die Verhandlungen ins Stocken geraten sind, geht der Betriebsrat auf Konfrontationskurs: „Wir haben massig Mehrarbeitsanträge, aber seit drei Wochen verweigern wir Überstunden“, sagte Michael Häberle, Betriebsratschef in Untertürkheim. Auch eine verlängerte Weihnachtsruhe haben die Arbeitnehmervertreter nicht genehmigt. „Auch das sind Kosten, die das Unternehmen hätte vermeiden können, wenn wir uns einig geworden wären“, so Häberle. Dass die Verhandlungen mitten ins Sparprogramm fallen, kommt der Belegschaft nicht zugute. „Jeder hat damit gerechnet, dass 2019 härtere Zeiten anbrechen, aber keiner hat damit gerechnet, dass wir in einen Orkan geraten“, sagte Häberle.
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