Der Hintergrund ist unklar. Trotzdem schwebte ein 17-Jähriger nach einer Messerattacke auf der Königstraße in Lebensgefahr. Drei Männer stehen vor Gericht.

Stuttgart - Eigentlich hatte er schlichten oder wenigstens seinen Kumpel vor einer großen Dummheit bewahren wollen. Jetzt aber sieht sich ein 19 Jahre alter Heranwachsender dem Vorwurf des dreifachen versuchten Totschlags gegenüber. Er ist der einzige der drei Angeklagten, der in Untersuchungshaft sitzt. Seine beiden jüngeren Kumpel sind nach kurzer Untersuchungshaft wieder auf freien Fuß gesetzt worden.

 

Es war am 7. Februar dieses Jahres gegen 23.30 Uhr auf der Unteren Königstraße, als zwei Gruppen, bestehend aus arabisch- und afrikanischstämmigen jungen Männern, aneinandergerieten.

Der Ursprung des erst verbalen, dann aber bald handgreiflichen Streits ist bis dato unklar. Die Angeklagten haben am ersten Prozesstag vor der 4. Jugendstrafkammer des Landgerichts noch nicht ausgesagt. Erfahrungsgemäß genügt in solchen Situationen aber ein Blick, eine Geste, ein Spruch.

Stichbewegungen mit dem Messer

Der an dem Abend alkoholisierte, zur Tatzeit gerade einmal 16 Jahre alte Angeklagte soll die afrikanische Gruppe jedenfalls provoziert haben. Zu allem Übel habe er, so Staatsanwältin Christiane Frömel-Grüsy, plötzlich auch noch ein Messer gezogen und damit in Richtung der anderen Jugendlichen Stichbewegungen gemacht. Sein 19-jähriger Kumpel habe schlichten wollen. Der 16-Jährige habe allerdings weiter mit dem Messer herumgefuchtelt, bis der Kumpel ihm die Waffe schließlich abgenommen habe, erklärte die Staatsanwältin.

Der zu Beginn nur verbale Streit eskalierte aber trotzdem. Dabei soll der 19-Jährige einem Widersacher von hinten in die rechte Schulter gestochen haben. Ein weiterer Stich ging in Richtung der Brust. Weil das Opfer sich wegdrehte, wurde es von dem Messer lediglich am Arm getroffen.

Die wüste Prügelei am Zugang zum Arnulf-Klett-Platz setzte sich fort. Der 19-Jährige, der in Stuttgart wohnt, soll an jenem Freitagabend dabei weitere Stiche gesetzt haben. Die Polizei sprach damals von ungefähr 25 Personen, die bei der Auseinandersetzung aufeinander losgegangen seien.

Am Ende trugen ein 19- und ein 17-jähriger Afrikaner Stichverletzungen davon. Dem Jüngeren waren zwei Arterien verletzt worden, er habe in Lebensgefahr geschwebt, so die Staatsanwältin. Die Ärzte retteten ihm in einer Notoperation das Leben.

Passantin dreht Handyvideo

Jetzt stehen der 19-Jährige Iraner wegen versuchten Totschlags und gefährlicher Körperverletzung, seine Mitangeklagten nur wegen Körperverletzung vor Gericht. Zudem sollen sie in wechselnder Besetzung mit weiteren Kumpanen Nike-Sneakers im Wert von 240 Euro und Parfümflakons im Wert von insgesamt knapp 400 Euro im Milaneo gestohlen haben.

Darüber hinaus soll der 17-jährige Angeklagte nach einem Ladendiebstahl bei einer Kontrolle in der Stadtmitte mehrere Polizeibeamte angespuckt und beleidigt haben.

„Sie sollten gut nachdenken, wie Sie sich hier verhalten wollen", sagt die Vorsitzende Richterin. Wenn einer der Angeklagten Verantwortung übernehme, könne er die Anderen vielleicht entlasten. Eine Art Schweigegelübde bringe hier jedenfalls niemanden weiter, machte die Richterin deutlich.

Man darf auf die Beweismittel der Staatsanwaltschaft bezüglich der blutigen Auseinandersetzung auf der Königstraße gespannt sein. Es heißt, es gebe ein Handyvideo, gedreht von einer Passantin. Der Prozess wird fortgesetzt.