Die neue DTM-Saison verspricht mehr Spannung. Grund: in BWM steigt neben Audi und Mercedes endlich eine dritte Marke in das Geschehen ein.

Sport: Dominik Ignée (doi)

Hockenheim - Der Hockenheimring erwacht aus dem Winterschlaf. Es röhrt wieder so richtig, riecht nach Abgasen und der Lärm treibt die Rehe immer tiefer in den Hardtwald hinein. Einer der Krachmacher heißt Ralf Schumacher. Nach ein paar Testrunden wird sein Rennwagen rückwärts in die Boxengarage seines Mercedes-Teams geschoben. Kaum auf Position gebracht, lässt ein Mechaniker das Garagentor zufallen: Wrumms! Spickeln streng verboten.

 

Vier Tage lang testen die Piloten der Deutschen Tourenwagen-Meisterschaft (DTM) auf der Rennstrecke in Nordbaden, denn am 29. April startet die DTM dort in die Saison 2012. Während der „Bonsai-Schumi“ und seine Kollegen also Gas geben, halten ihre Motorsportdirektoren im fünften Stock des Baden-Württembergcenters, das wie ein mächtiger Wachturm innerhalb des Rundkurses steht, schwungvolle Reden. 2012, da sind sie sich einig, soll alles besser werden.

Warum besser? Sechs Jahre lang haben Audi und Mercedes mühsam ihren Zwei-Marken-Pokal am Leben erhalten, oft stand die Existenz der Rennserie auf der Kippe. „Die DTM war gefährdet, doch dass wir uns da durchgekämpft haben, ist einmalig“, sagt der Mercedes-Sportchef Norbert Haug, während seine Audi-Kollege Wolfgang Ullrich neben ihm steht und nickt. Flankiert werden die beiden PS-Bosse vom Heilsbringer Jens Marquardt. Er repräsentiert den Aufbruch in eine neue Ära, die die DTM wieder zu einer Hausnummer im Motorsport machen soll. Marquardt ist Motorsportchef von BMW. Endlich hat die Rennserie ihre heiß ersehnte dritte Marke, also ist Marquardt irgendwie auch der dritte Mann zum Skat.

BMW verfügt über große Tourenwagentradition

Doch es wird nicht nur gezockt, denn alle Autos besitzen aus Kostengründen einige Gemeinsamkeiten. Auf der Spielwiese Motorsport sind echte Synergieeffekte noch möglich, während sich drei deutschen Premiumhersteller Audi, Mercedes und BMW auf den neuen Märkten mit harten Bandagen bekämpfen. Bei den DTM-Autos sind die Sicherheitszellen einheitlich, auch andere Teile sind identisch. Dass aus drei Marken ein Fahrzeugtyp gemacht wurde, dagegen wehren sich die drei Vertreter jedoch vehement. „Es bleibt trotzdem genug Spielraum, dass sich jeder selbst verwirklichen kann“, sagt Wolfgang Ullrich. Etwa 50 Komponenten seien in jedem der 22 Fahrzeuge identisch, doch so ein DTM-Auto bestehe aus 4000 Teilen.

Die besagten 22 Autos teilen sich auf wie folgt: Mercedes und Audi schicken je acht Fahrzeuge auf die Strecke, der Neuling BMW in seiner Aufwärmsaison erst einmal nur sechs. Dass die Münchner den beiden Branchengrößen zunächst deutlich hinterherfahren werden, wäre den Gesetzen des Motorsports folgend nur logisch, und doch rechnet niemand damit.

Auch Mercedes und Audi mussten durch das Reglement neue Autos entwickeln. Dann sind da die baugleichen Einheitsteile, überdies verfügt BMW über eine große Tourenwagentradition. Die Münchner haben zwar eine 20 Jahre währende DTM-Pause hinter sich, waren aber in der WTCC-Serie enorm erfolgreich. „Die wissen auch, wie man einen Rennwagen baut“, sagt Ullrich und hebt damit die dritte Kraft bereits auf Augenhöhe mit den Platzhirschen. „Es ist schwierig, aus den Tests wirklich konkret etwas herauszulesen“, gibt sich Jens Marquardt dagegen noch bescheiden. Zwei Topfahrer des Neulings sind 2011 noch für Audi und Mercedes gefahren: der amtierende Meister Martin Tomczyk für die Ingolstädter, Bruno Spengler für die Stuttgarter. Außerdem wird der 37 Jahre alte WTCC-Champion Andy Priaulx, eine erfahrener britischer Rennfuchs, als echter Konkurrent für die etablierten Kräfte gehandelt. Der Audi-Pilot Mattias Ekström weiß zwar auch noch nicht, wie die Kräfteverhältnisse sich gestalten werden, doch stellt er sich schon mal auf eine unterhaltsame Angelegenheit ein. „Wir haben immer gehofft, dass ein dritter Hersteller kommt, jetzt ist es nicht nur ein Hersteller, sondern BMW – da müssen wir von Anfang an kämpfen“, sagt der Schwede fast so, als wolle er sich bei den Bayerischen Motorenwerken irgendwann einmal bewerben.