Wieder einmal soll FDP-Chef Rösler eine Rede halten, die seine schlingernde Partei begeistert und die eigene Position stärkt. Dabei wird vor dem Dreikönigstreffen in Stuttgart bereits offen angesprochen, dass es ohne Rösler womöglich besser läuft.

Stuttgart - Die angeschlagene FDP will am Sonntag bei ihrem Dreikönigstreffen in Stuttgart neue Geschlossenheit demonstrieren. Ein Ende der Debatte über die Zukunft von Parteichef Philipp Rösler ist kurz vor der Landtagswahl in Niedersachsen aber nicht abzusehen. Rösler will versuchen, mit einer kämpferischen Rede seinen Führungsanspruch zu untermauern. Einen Rücktritt als FDP-Vorsitzender schließt der 39-Jährige bisher aus.

 

Röslers innerparteiliche Gegner wollen den Vizekanzler bei einem schlechten Ergebnis in Niedersachsen aber zum Rückzug drängen. Sie fordern, unmittelbar nach der Wahl am 20. Januar Klarheit über die künftige Führungsspitze zu schaffen. Als möglicher Nachfolger an der FDP-Spitze wird Bundestags-Fraktionschef Rainer Brüderle gehandelt. Neben Brüderle wird in der Stuttgarter Oper auch Entwicklungsminister Dirk Niebel reden, der Rösler zuletzt mehrfach attackiert hatte.

Der FDP-Chef sagte am Samstagabend vor dem Dreikönigsball, es gebe gute Chancen, in Niedersachsen zusammen mit der CDU die Regierungsverantwortung zu behaupten. Beim Stuttgarter Treffen am Sonntag werde die FDP Aufbruchstimmung für 2013 erzeugen. Zur Kritik an seiner Person äußerte sich Rösler nicht.

Einen Sonderparteitag lehnen die meisten Landesverbände ab

Seit Tagen wird in der FDP immer offener über eine Zukunft ohne Rösler diskutiert. Der hessische Parteichef Jörg-Uwe Hahn verlangte eine Entscheidung bis Ende Januar. „Mir ist es vollkommen egal, wie wir es klären, aber wir brauchen eine verbindliche Klärung“, sagte er der Nachrichtenagentur dpa. Auch der Ruf nach einem Vorziehen des für Mai geplanten Bundesparteitages wird lauter. Nach Präsidiumsmitglied Hermann Otto Solms plädierte auch der frühere Parteichef Wolfgang Gerhardt für einen solchen Schritt. So könne die FDP schneller Spitzenpersonal, Programm und Koalitionsaussage für die Bundestagswahl im September bestimmen, sagte er dem „Focus“.

Einen Sonderparteitag kurz nach der Niedersachsen-Wahl lehnen die meisten FDP-Landesverbände hingegen ab. „Egal zu welcher Entscheidung man kommen wollte, damit ist kaum Zeit zu gewinnen“, sagte Sachsen-Anhalts FDP-Chef Veit Wolpert der dpa. Es sei ein Irrglaube, dass allein mit einem neuen Mann an der Spitze für die FDP alles besser werde, sagte der thüringische FDP-Landesvorsitzende Uwe Barth der Nachrichtenagentur dpa in Erfurt. „Wir haben einen Bundesvorsitzenden, und der ist von einem Parteitag gewählt worden.“

Die „Bild“-Zeitung hatte berichtet, in mehreren Ländern gebe es solche Überlegungen für den Fall, dass Rösler trotz eines unbefriedigenden Wahlausgangs in Niedersachsen Parteichef bleiben wolle. Laut FDP-Satzung muss ein Sonderparteitag stattfinden, wenn mindestens vier Landesverbände das wollen.

Leutheusser-Schnarrenberger stärkte Rösler den Rücken

Niebel hatte gesagt, der Parteichef müsse nicht unbedingt Spitzenkandidat sein. Dafür musste er sich am Samstag auf dem Landesparteitag der Südwest-FDP in Stuttgart Kritik gefallen lassen. Er verwahrte sich gegen den Vorwurf der Nestbeschmutzung: „Wir können zusammen raufen, aber wir können uns aber auch zusammenraufen, um etwas reißen zu können.“ Der „Rhein-Neckar-Zeitung“ sagte Niebel: „Eine lebhafte Debatte schadet einer demokratischen Partei nicht - im Gegenteil. Ich habe mich in die Diskussion aus Sorge um die Zukunft der FDP eingeschaltet. Es geht um die Existenz der Partei. Wir sollten das Wahljahr 2013 mit der bestmöglichen Aufstellung beginnen. Da können wir noch besser werden.“

Sein Vorstoß könne nicht „als Misstrauensvotum (gegen Rösler) gedeutet werden“, betonte Niebel. „Außer im Jahr 2002 haben wir auf Bundesebene niemals einen Spitzenkandidaten gekürt. Wir hatten immer eine Teamlösung mit dem Präsidium, den Ministern und dem Vorsitzenden als Primus inter pares (Erster unter Gleichen). Grundsätzlich ist der Parteivorsitzende immer der geborene Spitzenkandidat. Aber da gibt es kein Junktim. (...) Wenn ein amtierender Vorsitzender erst einmal selbst prüft, ob er das Amt überhaupt weiter anstrebt, ist das nur vernünftig“, so Niebel.

Die stellvertretende FDP-Chefin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger stärkte Rösler den Rücken. Er sei „von der Partei gewählt worden. Und er hat geliefert“, sagte die Justizministerin der „Welt am Sonntag“. Rücktrittsforderungen an Rösler halte sie für falsch: „Vor Wahlen muss in Personalfragen Ruhe herrschen.“ Gesundheitsminister Daniel Bahr verlangte mehr Teamgeist und Solidarität. Die Menschen in Niedersachsen, die am 20. Januar wählen, interessierten keine Machtkämpfe, sondern Inhalte. Die FDP müsse aber wieder „Stil und Anstand“ zeigen, meinte Bahr in Stuttgart.