Die sächsische Kunstministerin verteidigt den Rauswurf des designierten Dresdner Intendanten Dorny. Und der Dirigent Christian Thielemann triumphiert.
Noch ein Akt in der Farce „Serge & Christian“. Gespielt wird sie an der Dresdner Semperoper. Die Hauptdarsteller: der Intendant Serge Dorny, der, bevor er überhaupt sein Amt im September antreten konnte, vergangenen Freitag fristlos geschasst wurde; der Dresdner Kapellmeister Christian Thielemann; die sächsische Kunstministerin Sabine von Schorlemer, die Dorny gefeuert hat. Gestern gaben Thielemann und von Schorlemer im Beisein einiger Statisten (des kaufmännischen Geschäftsführers der Semperoper und des Orchesterdirektors der Staatskapelle) eine Pressekonferenz im nun führungslosen Haus zum Thema: Wer ist der wirklich Böse im Spiel, Dorny oder der Chefdirigent der Staatskapelle, und wie geht es weiter?
Auf jeden Fall so wie bisher: ohne einen Chef. Es wird die dritte Interimsspielzeit sein nach dem Tod der Intendantin Ulrike Hessler 2012. Sabine von Schorlemer versprach jedoch, einen „fähigen Intendanten in gebotener Zeit“ zu finden. Auch die Rolle des Bösen war rasch geklärt. Thielemann hielt die Trennung von Serge Dorny für unausweichlich und meinte, dass sich andernfalls am Hause „ein Explosionspotenzial“ angesammelt hätte. Seine Behauptung, dass nach der Entscheidung, Dorny zu entlassen, in der Oper Erleichterung spürbar gewesen sei, ist tatsächlich ziemlich haltlos; Dorny hatte nach etlichen Aussagen Rückhalt im Haus und war geschätzt.
Serge Dornys Darstellung wird flockig beiseite gewischt
Thielemann wiederholte in etwa, was er in einem gestern erschienenen Interview im „Münchner Merkur“ gesagt hatte. Im weitäugigen Harmlosigkeitsmodus, der freilich seine im Grunde zynische Sicht auf die Dinge offenbarte, erklärte er da: „Herr Dorny hat einen Vertrag unterschrieben, der von seinem Anwalt ausgehandelt wurde, und damit müsst’s eigentlich gut sein. Wie es dazu kam, dass er plötzlich meint, seine Befugnisse und Kompetenzen genügen ihm nicht mehr, ist mir ein Rätsel.“ Dornys Darstellung – er hatte Thielemanns mangelnden Willen zu gemeinsamen Projekten moniert – wischte Thielemann auf seine Berliner Art flockig beiseite: „Getroffene Hunde bellen eben. Aber davon lassen wir uns nicht provozieren.“
Jenseits des Schlagabtauschs zwischen dem fester denn je im Sattel sitzenden Thielemann und dem abgeworfenen Dorny, steht fest: das Grundübel liegt in einer fatalen Fehlkonstruktion. Die Staatskapelle bildet unter dem Dach der Oper einen Staat im Staate und ist mit ihrem König an der Spitze, Thielemann, solistisch unterwegs. So lässt sich organisatorisch und programmatisch keine Oper machen, wie es künstlerisch klug wäre. Die Politik in Sachsen ist nicht gewillt, das zu ändern – das würde den Abgang des gefragten Dirigenten aus Dresden bedeuten. Thielemann besteht auf seinen vertraglichen Rechten.
All das sind Bedingungen, die keinen Intendanten von Format an die Elbe locken werden. Es wäre ehrlich und konsequent, wenn das sächsische Kunstministerium Thielemann zum (nominellen) Intendanten ernennen würde mit einem ausführenden Operndirektor an der Seite. Das Problem: dazu ist Thielemann viel zu bequem. Der will ja nur Kapellmeister sein, seine 15 Opernabende leiten (nach einer Premiere nur zwei, drei Aufführungen, dann übernimmt ein anderer, der kaum Proben bekommt) und ansonsten Bruckner, Brahms und Strauss-Konzerte mit der Kapelle dirigieren. Bloß keine Verantwortung übernehmen – aber gut dastehen.