Herr Fiedler, was überwiegt, die Vorfreude, dass es jetzt gegen Rostock und 1860 und nicht mehr gegen Bahlingen und Walldorf geht oder die Bedenken, dass die dritte Liga eine Nummer zu groß sein könnte?
(lacht) Eindeutig die Vorfreude. Die dritte Liga ist der Lohn für unsere herausragende Leistung in der vergangenen Saison, ein überragender Erfolg für uns. Wir sind heiß auf diese Aufgabe, obwohl uns allen bewusst ist, welch ambitionierte Herausforderung da auf uns wartet.
Was macht es so herausfordernd?
Diese vielen Traditionsvereine, die in ihren Stadien bedingungslos unterstützt werden, aber auch auswärts von vielen Fans begleitet werden. Selbstverständlich kommt auch eine höhere Qualität der Mannschaften auf uns zu. Und dann ist unser Auftaktprogramm mit Spielen gegen Rostock, 1860, Wehen Wiesbaden, Dynamo Dresden und Ingolstadt ein richtiges Brett.
So richtig einspielen konnte sich Ihr neues Team nicht?
Sieben Spieler aus meinem Kader waren bei den Profis dabei, aber das ist nun mal das Los der zweiten Mannschaften. Unsere Kernaufgabe ist es, Zulieferer fürs Profiteam zu sein. Wenn dann noch hinter dem Einsatz von Michael Glück, Raul Paula und Alexander Groiß dicke Fragezeichen stehen, Nicolas Sessa definitiv ausfällt, dann ist das für den Auftakt in Rostock schon eine hübsche Hypothek.
Sessa ist neben Groiß, Torwart Dominik Draband und Kapitän Dominik Nothnagel einer von vier über 23 Jahre alten Spielern, von denen maximal drei gemeinsam auf dem Feld stehen dürfen. Wie wichtig sind diese Säulen?
Nico Sessa war Stammspieler beim SC Verl, er kennt die dritte Liga bestens, bringt Ruhe und Präzision am Ball mit, dazu jede Menge Erfahrung. Das gilt auch für die drei anderen Routiniers – und das ist unbezahlbar.
Bestmögliche Plattform
Ist die dritte Liga die optimale Plattform für die Förderung der Toptalente?
Die Liga ist für unsere veranlagtesten Spieler die beste Plattform, ja. Weil das, was ihnen in dieser Spielklasse abverlangt wird, dem in der Bundesliga am nächsten kommt. Es ist einfach etwas anderes, vor über 10 000 Zuschauern in Rostock, München oder Dresden zu spielen. Der Druck von außen ist viel größer. Das ist eine zentrale Erfahrung, die die jungen Spieler auf ihrem Weg nach ganz oben weiterbringt.
Die Heimspiele müssen Sie in Großaspach austragen. Ein Nachteil?
Das spielt keine Rolle. Auf unserem eigenen Gelände fehlt es nun mal an der nötigen Infrastruktur, und ob wir im Gazi-Stadion auf der Waldau zu Gast sind oder in Großaspach ist nicht entscheidend. Ich hatte auch nie das Gefühl, dass wir in Degerloch schlechter spielten als im Schlienzstadion.
Wo tragen Sie das jeweilige Abschlusstraining aus?
Vor unserem ersten Heimspiel am 11. August gegen 1860 werden wir eine Trainingseinheit in Großaspach absolvieren. Danach sehe ich diesbezüglich keine Notwendigkeit.
Spielweise unverändert
Was muss Ihr Team beherzigen, um in der Liga zu bleiben?
Wir werden wegen der höheren Qualität in Liga drei sicher nicht unsere Spielweise auf den Kopf stellen und von dem Fußball, der uns den Regionalliga-Titelgewinn brachte, abrücken. Wir legen weiterhin Wert auf eine defensive Stabilität und unsere offensive Wucht, mit der wir die meisten Treffer aller Südwest-Regionalligisten erzielen konnten. In Liga drei brauchen wir künftig in manchen Situationen eine bessere Risikoabwägung – das gehört zum normalen Lernprozess der Mannschaft dazu.
Die Generalprobe beim 2:2 gegen Zweitligist SSV Ulm 1846 war vielsprechend?
Zum Teil. Die wichtigste Botschaft aus diesem letzten Test war, dass wir auf keinen Fall passiv oder mutlos auftreten dürfen. Vor der Pause präsentierten wir uns wie das Kaninchen vor der Schlange, bekamen die Quittung und lagen 0:2 zurück. Erst danach haben wir unsere Tugenden beherzigt und wurden entsprechend belohnt.
Wer sind Ihre Titel-Favoriten?
Arminia Bielefeld, der 1. FC Saarbrücken und Dynamo Dresden. Ich könnte aber auch noch fünf andere nennen.
Ihre größten Wünsche für die kommende Saison?
Dass die Jungs gesund bleiben, wir in der Liga ankommen, wir den Jungs über die dritte Liga eine Plattform für die Profikarriere geben.
Den Klassenverbleib nennen Sie nicht?
Die Entwicklung der Spieler ist letztendlich noch wichtiger als das Ergebnis der Mannschaft. Klar, haben wir die Zielsetzung drin zu bleiben, alles andere wäre vermessen. Dazu braucht es aber einen langen Atem.
Zur Person
Karriere
Markus Fiedler kam am 6. Februar 1986 in Leonberg zur Welt. Er selbst spielte bis zur Landesliga beim TSV Eltingen. Dort begann er auch seine Trainertätigkeit in der U 14. Von 2010 an trainierte er beim SGV Freiberg die U 17 und die U 19, zwischendurch war er auch Co-Trainer unter Ramon Gehrmann in der ersten Mannschaft des SGV. In der Saison 2014/15 fungierte der ausgebildete Realschullehrer als Co-Trainer bei der U 17 der TSG 1899 Hoffenheim. Danach ging es zum VfB Stuttgart, wo er bei der U 14 begann und 2020 die U-17-Bundesliga-Mannschaft übernahm. Seit 1. Juli 2023 ist er als Nachfolger von Frank Fahrenhorst für die U 21 zuständig, gleich in seiner ersten Saison gelang ihm mit dem Team der Drittliga-Aufstieg.
Persönliches
Fiedler wohnt in Gerlingen. Er ist verheiratet und hat zwei Töchter im Alter von fünf Jahren und zwei Jahren. (jüf)