Bald sind Erst- und Zweitstimme gefragt. Hier soll es um kuriose und ernste Beobachtungen und Begleiterscheinungen im Bundestagswahlkampf gehen - als Drittstimme sozusagen. Heute geht es um zwei Namensvettern der Kanzlerin, die auch zur Wahl antreten.

Titelteam Stuttgarter Zeitung: Armin Käfer (kä)

Stuttgart - In vielen Ohren mag dieser Name wie ein Markenzeichen klingen, wie ein unverwechselbares zumal. Immerhin regiert diese Frau unser Land schon seit zwölf Jahren. Und es können leicht noch ein paar mehr werden. Sie ist zudem ein Unikat: bisher die einzige Kanzlerin, die einzige CDU-Vorsitzende und mit großer Sicherheit der einzige Mensch, der den „Einfluss der räumlichen Korrelation auf die Reaktionsgeschwindigkeit bei bimolekularen Elementarreaktionen in dichten Medien“ (so der Titel von Merkels Diplomarbeit) und die Regeln der Europäische Finanzstabilisierungsfazilität erklären kann.

 

Drei Merkels treten zur Wahl an

Aber der Name Merkel ist keineswegs einzigartig. Unter den 4828 Kandidaten, die zur Bundestagswahl antreten, gibt es zwei, die auch so heißen wie die prominenteste in der Bewerberschar. Gregor Merkel steht auf Platz 18 der FDP-Landesliste in Rheinland-Pfalz, Christoph Merkel tritt für die AfD in Ostfriesland an. Er hat ein besonderes Problem. Unter den Anhängern seiner Partei ist schließlich die Parole „Merkel muss weg“ populär. Die 30 Jahre alte Jurastudent redet auch ein bisschen so wie seine Namenscousine, nicht in der Sache, aber was die Ausdrucksweise angeht: „Das Ausbleiben von Volksentscheiden in Deutschland ist ein schlicht inakzeptabler Zustand“, sagt er. Solche Satzkonstruktionen reimen sich in ihrer Geschraubtheit auf Passagen aus Merkels Regierungserklärungen. Der Liberale Merkel, 35-jähriger Wirtschaftsprüfer, weiß den Wert seines Namens wahltaktisch zu nutzen. Das hat er schon im rheinland-pfälzischen Landtagswahlkampf ausprobiert. Als die Unionisten auf Plakaten „Merkel kommt!“ versprachen, klebte er den gleichen Slogan daneben – nur eben mit FDP-Logo. Genutzt hat es ihm nichts.

Ironie der Namenskunde: Merkel bedeutet „kleiner Grenzwächter“

Die Wahrscheinlichkeit, dass die drei Merkels sich jemals bei einer namentlichen Abstimmung im Bundestag an der Wahlurne, ist gering. Die Kanzlerin wird wohl auch im Parlament ein Unikat bleiben. Dabei genießt ihr Familienname noch nicht einmal Seltenheitswert. Nach Auskunft des Internetlexikons Wikipedia gibt es ihn „überdruchschnittlich häufig“ in Deutschland. Die Wikipedia-Autoren haben 5884 Telefonbucheinträge gezählt. Drei sind allein von Angela Merkel: ihre Wahlkreisbüros in Mecklenburg-Vorpommern. Laut Wikipedia handelt es sich um die „verniedlichende Koseform“ des germanischen Rufnamens Markwart – was ironischerweise so etwas wie Grenzwächter bedeutet. In dieser Eigenschaft ist Merkel bisher gerade nicht aufgefallen.