Bald sind Erst- und Zweitstimme gefragt. Hier soll es um kuriose und ernste Beobachtungen und Begleiterscheinungen im Bundestagswahlkampf gehen - als Drittstimme sozusagen. Heute geht es um den angeblichen Zusammenhang von Ess- und Wahlverhalten.

Berlin - Schon Martin Luther, dessen 95 Thesen bekanntlich bald 500. Geburtstag feiern, wusste ein Lied davon zu singen. Die Erkenntnis aber, dass zwischen Nahrungsaufnahme und Meinungsbekundung ein Zusammenhang besteht, soll bereits auf die mittelalterlichen Schriften des guten Egbert von Lüttich zurückgehen. Cuius enim panem manduco, schrieb er damals, zu Deutsch: Wes Brot ich ess‘, des Lied ich sing‘. Eine viel neuere Interpretation der alten Volksweisheit bietet nun aber der Online-Bringdienst „Lieferheld“: „Sag mir, was Du isst, und ich sage Dir, was Du bei der Bundestagswahl 2017 wählst.“

 

Die CDU speist „deutscher“ als die AfD

Was die Umfrage, für die das Statistik-Portal Statista mit ins Boot geholt wurde, zutage fördert, ist leichte Kost. Es wäre schon ein völlig unzulässige Zuspitzung zu behaupten, dass die Grünen wählt, wer am liebsten italienisch isst, und sein Kreuz bei der AfD macht, wer ein Schnitzel präferiert – es geht höchstens ein wenig in diese Richtung: So bevorzugen laut der Erhebung 48 Prozent der Anhänger der Umweltpartei Pizza, Pasta & Co. Die Unterstützer der Alternative halten es zu 64 Prozent mit der deutschen Küche, wovon wiederum 84 Prozent das panierte Schweinefleisch zu ihrem Favoriten gekürt haben. Noch „deutscher“ als die AfD speist entgegen dem Vorwurf einer sozialdemokratisierten CDU die Union. Von deren Wählern favorisieren 68 Prozent die traditionelle einheimische Küche. Das gilt übrigens auch für 52 Prozent der FDP-Fans, und 54 Prozent der Linken- wie der SPD-Wähler – mit dem Unterschied, dass das sozialdemokratische Lieblingsmenü die Roulade beinhaltet.

Wer mag, kann aus der Bringdienst-Statistik herauslesen, wie sehr die Globalisierung solch kulturellen Unterschiede einzuebnen vermag. Wer nämlich im Netz ordert, greift – welch Überraschung – am häufigsten zur Pizza, und das parteiübergreifend: 74 Prozent der Online-Besteller buchen regelmäßig italienisch, 29 Prozent chinesisch und 20 Prozent griechisch. Aber auch dieser Fakt löst nicht die ganz große Verblüffung aus: Schnitzel und Rouladen werden eben eher mit dem heimischen Esstisch oder einem Restaurant in Verbindung gebracht; die Vorstellung, dass sie mit dem Motorroller durch die Stadt transportiert werden, wirkt noch immer abschreckend. Und sagt uns das etwas, dass die CDU-affinen Online-Besteller mit 78 Prozent überdurchschnittlich häufig Pizza ordern? Weil sie damit im Umkehrschluss seltener zum griechischen Gyros greifen? Nein, nicht wirklich!

Die Vegetarier schaffen nur knapp die Fünf-Prozent-Hürde

Eine ganz große Koalition in Deutschland gibt es zur Überraschung weniger auch in Sachen Fleisch. Quer durch alle Parteianhängerschaften sagen 87 Prozent der Befragten Nein zur Bestellung von vegetarischen oder veganen Gerichten. Am höchsten ist der Anteil mit 93 Prozent angeblich bei der AfD und mit 90 Prozent bei den Linken. Wenn all diese Zahlen auch nur halbwegs von Belang wären, müsste man beim nächsten Restaurantbesuch einmal darauf achten.