Nach Afghanistan ist Mexiko inzwischen der weltweit größte Heroinproduzent. Die mexikanischen Kartelle dominieren schon seit vielen Jahren den internationalen Rauschgiftmarkt – und machen riesige Gewinne.

Korrespondenten: Klaus Ehringfeld (ehr)

Mexiko City - Nur zehn Tage bevor am 26. September die 43 Studenten im Bundesstaat Guerrero verschwanden, schickte Präsident Barack Obama ein Schreiben an den US-Kongress, in dem er sich „ausgesprochen besorgt“ über die Schlafmohn-Plantagen in Mexiko äußerte. Das Land sei „Hauptlieferant von Opiumderivaten“ in den USA. In nur vier Jahren hätten die Heroin-Beschlagnahmungen an der Grenze beider Länder um insgesamt 324 Prozent zugenommen.

 

Hauptproduzent von Mohn und seinen Derivaten in Mexiko ist der Bundesstaat Guerrero. Das verarmte und vom Staat verwaiste südwestmexikanische Departement bietet beste Voraussetzungen für den Drogenanbau. Es ist dünn besiedelt, bergig, verwinkelt, und Hunderttausende verarmte Bauern nagen am Hungertuch. Die meisten lassen sich nur allzu gerne von den Kartellen überreden, statt Mais Mohn anzubauen. Die anderen werden dazu gezwungen. Mexiko ist lange schon nicht mehr nur Transitland für Rauschgift, sondern auch Produzent aller möglichen rauschbringenden Mittel. Heroin, Marihuana, synthetische Drogen. Drogenexperten sagen: Nach Afghanistan ist Mexiko inzwischen der weltweit größte Heroinproduzent. Mexikanische Kartelle dominieren schon seit Jahren schon den internationalen Rauschgiftmarkt. Sie haben Mitte der 1990er Jahre die Kollegen aus Kolumbien abgelöst. Von dort kommt aber nach wie vor zu Land, zu Wasser und zu Luft das wertvolle weiße Pulver Kokain, es wird in Mexiko und Zentralamerika um- und zwischengelagert und geht von dort dann auf die lukrativen Märkte zwischen Los Angeles und New York.

Den Großteil des Gewinns greifen die Kartelle ab

Aber nicht nur Nordamerika giert nach dem Stoff. Der Hunger nach Kokain, Marihuana, Heroin, Crack und synthetischen Substanzen steigt global. Und die Kartelle werden dabei immer reicher. Auf dem langen Weg vom kolumbianischen Kokablätter-Anbauer bis zum Endkonsumenten dies- oder jenseits des Atlantiks steigt der Preis um 300 bis 500 Prozent. Je nach Konjunktur. Und den Großteil des Gewinns greifen die Kartelle ab. Bei Heroin und Marihuana sind die Gewinnspannen wegen der geringeren Kriminalisierung der Droge kleiner, aber noch immer lukrativ genug. Aber nicht nur die Drogen und ihre Gewinne befeuern diesen absurden und blutigen Krieg um Routen und Reviere zwischen dem Staat und den Mafiabanden sowie den Mafiabanden untereinander. Die andere Seite der Medaille sind die Waffen, die im Gegenzug für das Rauschgift nach Süden geliefert werden. Oftmals sind Panzerfäuste, Maschinengewehre und Handfeuerwaffen sogar die Währung, mit der Pulver und Pillen bezahlt werden.

Die Vereinigten Staaten sind dabei nicht nur Hauptabnehmer von Rauschgift, sondern auch der Hauptlieferant von Waffen. 90 Prozent der Revolver und Gewehre, mit denen mexikanische Drogenmilizen ihre Opfer töten, lassen sich in die USA zurückverfolgen. 7000 Waffengeschäfte entlang der 3200 Kilometer langen Grenze leben prächtig vom Morden jenseits des Schlagbaums.

Aber weder dämmt die Regierung in Washington den Drogenkonsum im eigenen Land ein, noch unterbindet sie den Waffenverkauf. Stattdessen sichern die US-Regierung und die Bundesstaaten zwischen Arizona und Kalifornien die Grenze zu Mexiko wie seinerzeit die DDR die innerdeutsche Demarkationslinie. Als ließen sich der Handel mit Drogen oder Waffen damit verhindern.