Bei der Debatte um saubere Luft spielt auch die Nachrüstung alter Dieselautos eine Rolle. Doch wie schnell ist eine Änderung an der Hardware eigentlich möglich? Und was sind die Hindernisse?

Hamburg - Drohende Fahrverbote in Stuttgart, Frankfurt und womöglich weiteren Großstädten haben den Druck erhöht, schnell für saubere Luft zu sorgen. Eine Nachrüstung von Dieselautos mit Katalysatoren würde Studien zufolge den Stickstoff-Ausstoß um etwa drei Viertel verringern. Aber es gibt Hindernisse.

 

„Auch mit einem Nobelpreis für Hardware-Nachrüstung lassen sich technische Themen nicht politisch lösen“, meint Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer. Einen flächendeckenden Einbau von Stickoxid-Filtern in Deutschland oder Europa lehnt die Branche ab, weil das zu teuer und in vielen Fällen zudem wegen fehlenden Bauraums in den Fahrzeugen nicht möglich wäre.

Deshalb wird die Bundesregierung wohl Anreize für den Umstieg auf neuere, umweltschonendere Fahrzeuge beschließen. Ob zu einem Paket auch die Nachrüstung älterer Dieselautos gehören soll, ist nach wie vor umstritten.

Wie schnell ist die Nachrüstung möglich?

Branchenvertreter betonen, dass die notwendigen Änderungen an der Hardware der Wagen erst entwickelt und vom Kraftfahrt-Bundesamt anschließend genehmigt werden müssten. Deshalb sei mit technischen Lösungen erst in zwei bis drei Jahren zu rechnen. Bis dahin wäre für die Umwelt mehr erreicht, wenn man ältere Diesel durch Neuwagen, junge Gebrauchte mit niedrigerem Schadstoffausstoß oder Elektroautos austausche.

Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) hält dem entgegen, für Dieselautos hätten die Hersteller schon vor einigen Jahren serienmäßig Nachrüstlösungen entwickelt. „Für etwa 50 Prozent der Volumenmodelle hat man vor der Einführung von Euro 6 die Möglichkeit gegeben, dass man gegen Aufpreis ein SCR-System kaufen kann“, sagt DUH-Chef Jürgen Resch. Die Abgasnachbehandlungssysteme lägen also in den Regalen der Hersteller.

Was sind die Hindernisse?

Die Automobilindustrie führt vor allem technische Gründe und Kosten an. Es sei nicht damit getan, einen Katalysator zur Stickoxid-Reduktion (SCR) nebst Adblue-Tank in ein Auto einzubauen. Vielmehr müssten je nach Fahrzeugmodell auch Verkabelungen und Schlauchssysteme angepasst werden. Für jedes einzelne Modell und jede Ausstattungsvariante müsse das Kraftfahrt-Bundesamt zudem eine Typgenehmigung erteilen. Die Kosten für den Umbau lägen je nach Fahrzeug um die 3000 Euro, in Einzelfällen seien auch 10.000 Euro und mehr möglich.

Laut Umwelthilfe kosteten die von den Autobauern vor einigen Jahren entwickelten Abgasreinigungsanlagen zur Nachrüstung von Euro-5-Modellen zwischen 1100 und 1900 Euro. Um diese Systeme für weitere Modelle anzupassen, würden vier bis sechs Wochen benötigt. Die Genehmigung durch die Flensburger Zulassungsbehörde sei dann binnen zwei, drei Monaten möglich.

Es gibt laut VDA allerdings ein nicht zu vernachlässigendes Risiko: Denn bisher gebe es keine Langzeittests, die Auskunft darüber geben könnten, wie sich die Fahreigenschaften und der Verbrauch durch einen Eingriff verändern.

Welche Autobesitzer würden ihren Diesel nachrüsten?

Für Dieselhalter stellt sich die Frage, ob sie im Zweifel mehrere Tausend Euro für den Einbau eines Katalysators ausgeben, wenn ihr Auto in die Jahre gekommen ist. Es ist also eine wirtschaftliche Überlegung. Deshalb wurde bei Gesprächen von Scheuer mit den Chefs von Volkswagen, Daimler und BMW Branchenkreisen zufolge zeitweise ein Modell diskutiert, bei dem die Hersteller vier Fünftel der Umbaukosten übernehmen würden. Die verbleibenden 20 Prozent sollte nach diesem Modell der Kunde selbst zahlen. Zuletzt stand ein Vorschlag weitgehend ohne Eigenbeteiligung der Kunden im Raum.

Was präferieren die Hersteller?

Die Autobauer wollen kein Geld in die Umrüstung älterer Autos stecken, sondern lieber Anreize zum Kauf von Neuwagen geben. Oberste Priorität habe die Bestandserneuerung, betont der VDA. Die Hersteller selbst wollen keine Nachrüstungen entwickeln, sondern diese Aufgabe an Drittanbieter von Abgasnachbehandlungssystemen weiterreichen wie Twin-Tec, HJS, Dr. Pley oder Oberland Mangold. Aber auch solche Drittanbieter würden einem VW-Insider zufolge keine Garantien dafür übernehmen, dass eine Nachrüstung keine Folgeschäden hätte - etwa ein höherer Kraftstoffverbrauch oder Rostbefall wegen Zusatzbohrungen. Aus deshalb habe die Nachrüstung keine Chance.

Was kann die Politik tun?

Die Bundesregierung könnte eine Umrüstung älterer Diesel durch einen Bonus fördern und so dafür sorgen, dass sie von einer größeren Zahl von Autobesitzern angenommen wird. Um saubere und nachgerüstete Autos von anderen Dieseln zu unterscheiden, bräuchten die Kontrolleure der Kommunen dann doch eine Kennzeichnung wie eine „blaue Plakette“. Von der ist in dem Paket, das diskutiert wird, bisher jedoch nicht die Rede.