Die Bahn mutet den Fahrgästen in der Region Stuttgart zu viel zu, wenn sie im Jahr 2023 fast durchgehend die wichtigesten Strecken sperrt. Wer soll unter diesen Bedingungen noch umsteigen, fragt sich Christian Milankovic in seinem Kommentar.

Stadtentwicklung/Infrastruktur : Christian Milankovic (mil)

Die Bahn spricht gerne vom Schienenknoten, wenn sie ihr Netz in und rund um Stuttgart meint. Es kann keinen Zweifel geben: Sie hat sich darin verheddert. Beinahe das gesamte verbleibende Jahr 2023 wird sie Strecken im Ballungsraum sperren, um sie für die Zukunft zu ertüchtigen.

 

Nur ein Versprechen für die Zukunft

Ob sich das Versprechen eines stabileren, weil technisch hochgerüsteten, Bahnverkehrs erfüllt, wird man erst in ein paar Jahren wissen. Der Pendler- und Reisendenalltag aber findet heute schon statt, und der ist ausgesprochen trist. Der Dreiklang aus Streckensperrungen, Zugausfällen, Personalmangel ist die tägliche Begleitmusik derer, die auf die Bahn für das Fortkommen setzen. Nur die Hartgesottenen werden dem System die Treue halten, dass sich neue Pendlerinnen und Pendler für die Schiene entscheiden, ist unter den Vorzeichen ausgeschlossen. Dass die Bahn dieses Fiasko ausgerechnet in dem Jahr anrichtet, in dem von Mai an mit dem Deutschland-Ticket die Nutzung des Nah- und Regionalverkehrs erheblich vereinfacht werden soll, ist besonders bitter.

Andere Vorgehensweise

Ja, die Infrastruktur der Bahn ist am Ende, ja, es werden – politisch gewollt – immer mehr Züge auf die Reise geschickt. Auch andernorts wird es die Situation geben, dass die Bahn die Gleise und Signale in einer Hauruck-Aktion auf Vordermann bringt und die Fahrgäste stehen lässt. Nur sollte sie es dann anders angehen als in Stuttgart, wo sie die Hiobsbotschaft zu lange zurückhielt.