Kleinhubschrauber verteilen die Eier der Schlupfwespe auf Feldern am Oberrhein. Sie parasitieren die Eier des Maiszünslers: Das heißt, sie legt ihre Eier in die des Schädlings, der damit nicht mehr heranwachsen kann.

Karlsruhe - Das, was da gerade im Acker passiert, verläuft fast automatisch. Ein bis zu fünf Kilogramm schwerer Kleinhubschrauber namens Multi-Kopter wirft kleine weiße Eier ab. Trichogramma heißt das Stichwort, ein Nützlings-Insekt. Eigentlich bräuchte es gar keinen Piloten – fast jedenfalls. Der Landwirt überträgt die Konturen seiner Maisfelder zu Hause am Computer in ein digitales Geoinformationssystem. Die Daten werden an die Drohne gesandt: Das Gerät fliegt automatisch den Acker ab, verteilt die Eier der Schlupfwespe: ein Ei-Parasit im Kampf gegen den Maiszünsler. Die Schlupfwespe parasitiert die Eier des Maiszünslers: Sie legt ihre Eier in die des Schädlings, der damit nicht mehr heranwachsen kann.

 

Rund ein Dutzend Piloten sind im Einsatz

Der Drohneneinsatz ist Hightech und braucht geschulte Fachleute. Rund ein Dutzend Piloten hat die badische Zentralgenossenschaft (ZG) Raiffeisen mit Sitz in Karlsruhe derzeit im Einsatz entlang des Oberrheins. Jesse Berthold ist einer davon. Er hat in den vergangenen Wochen bereits Hunderte Hektar Maisfelder bearbeitet. „Wir haben die behördliche Erlaubnis zum Einsatz der Drohnen von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang“, sagt er. Der Kleinhubschrauber wirft die kleinen weißen Eier vollautomatisch ab: alle sieben Meter eins. Auf einem Acker bei Kuppenheim (Kreis Rastatt) steuert Berthold an diesem Julitag den Kopter. Da ist Können gefragt: Inmitten der Hochspannungsmasten muss er diesen unter stromführenden Leitungen durchlotsen. Meist fliege das Gerät 20 bis 25 Meter über der Ackerkante, „um den Sicherheitsabstand einzuhalten“, sagt er.

Kleine Raupe bedroht die Ernte

Mit der Drohne geht es gegen den bei den Landwirten gefürchteten Maiszünsler, eine kleine Raupe, die regelmäßig bis zu einem Drittel des Ertrages bedroht. Die ZG Raiffeisen ist längst über das Versuchsstadium hinaus. „In diesem Jahr nutzen 350 Landwirte die Dienste der Genossenschaft innerhalb des Raiffeisenverbunds“, sagt Daniel Keller, Mitarbeiter im ZG- Geschäftsbereich Pflanzliche Produktion. Mehr als 5000 Hektar Körnermais wurden 2016 behandelt, in kurzen zweiwöchigen Abständen: wie im Juni und Juli.

Der passende Zeitpunkt zum Ausbringen der Eier aus abbaubarer Maisstärke wird exakt berechnet. Die Schlupfwespe, die nach wenigen Tagen schon schlüpft, soll das Ausbreiten des Schädlings verhindern – bei insgesamt 55 000 Hektar Anbauflächen Körnermais entlang der Rheintalebene. Derzeit sei ein Dutzend Piloten im Auftrag der ZG im Einsatz, sagt Ivo Tschikov, einer der anderen Steuermänner. Er arbeitete mit seinem Team an zwei Tagen noch in Südbaden: in Efringen-Kirchen und Heitersheim. Am Donnerstag waren die Piloten bei Offenburg zugange. Die ZG hat nach eigenen Angaben derzeit die größte Multi-Kopter-Flotte im Land.

Fluggeräte sind Schweizer Patent

Zehn der Kleinhubschrauber mit dem Namen Multi-Kopter habe die ZG Raiffeisen derzeit im Einsatz, sagt Daniel Keller von der Genossenschaftszentrale. Die Piloten sucht sich die ZG auch auf dem freien Markt, wie etwa Jesse Berthold. Der junge Mann hat vor kurzem erst sein Abitur gemacht: Für seinen vier Wochen dauernden Einsatz am Oberrhein arbeitet er für eine von seinem Bruder und einem Kompagnon vergangenes Jahr in Böblingen gegründete Firma. „Einige der Piloten im Einsatz sind Studenten der Luft- und Raumfahrttechnik, so wie mein Bruder“, sagt er und lacht. „Und wir tun dabei noch etwas Gutes für die Ökologie.“ Auch einige langwirtschaftliche Maschinenringe, etwa in Schwäbisch Hall, oder Ulm/Heidenheim haben solche Kleinhubschrauber im Einsatz. Die eingesetzten Geräte sind von einem Schweizer Hersteller patentiert – so wie die Trichogramma-Kugeln.