Über Frankreichs Atomraftwerken kreisen seit Wochen Drohnen. Niemand weiß, wer die Flugobjekte steuert. Umweltschützer sind es wohl nicht. Terroristen? Die Luftwaffe sei vorbereitet, heißt es.

Stuttgart - Es ist wie bei einem guten Thriller. Zu Beginn weiß niemand, wer im Hintergrund die Fäden zieht. Die üblichen Verdächtigen scheiden aus. Greenpeace-Aktivisten, die in Frankreichs Reaktorlandschaft Drachenflüge und Kühlturmbesteigungen zur Aufführung zu bringen pflegen, wollen es jedenfalls nicht gewesen sein. Für die über Frankreichs Atommeilern kreisenden Drohnen sei man nicht verantwortlich, hat ein Sprecher der Umweltschutzorganisation am Donnerstag versichert.

 

Aber wer war es dann? Seit Donnerstag treibt die Franzosen diese Frage um – seit an die Öffentlichkeit gedrungen ist, was der Stromriese EdF ursprünglich wohl nicht an die große Glocke hängen wollte: Im Luftraum über den 58 Reaktoren des Landes tummeln sich unbekannte Flugobjekte. Sieben hat der Kraftwerksbetreiber seit Anfang Oktober gezählt – und jetzt Konsequenzen gezogen. Anzeige gegen Unbekannt hat der Konzern erstattet. Zumal nachts und in den frühen Morgenstunden hätten die unerwünschten Besucher vorbeigeschaut. Aus dem Umfeld des Unternehmens verlautete, die Drohnen seien teils nur 30 Zentimeter breit gewesen, teils aber auch zwei Meter und damit in der Lage, Sprengstoff zu transportieren. Frankreichs Innenminister Bernard Cazeneuve wiegelt ab. Es seien Vorkehrungen getroffen worden, um Atommeiler anfliegende Drohnen „zu neutralisieren“, hat der Minister gesagt. Wie dies geschehen soll, blieb offen. Allerdings gehört zu den Aufgaben der französischen Luftwaffe, das Flugverbot im Umfeld der Atomkraftwerke zu überwachen. Im Umkreis von fünf Kilometern ist jeglicher Luftverkehr unter 1000 Metern Höhe untersagt.

Das Greenpeace-Dementi klingt insofern plausibel, als die Umweltschützer gemeinhin nicht das anonyme Dunkel suchen. Ein von unbekannter Hand gesteuerter Drohnenflug passt nicht zu ihnen. Die Ungewissheit, wer die Drohnen geschickt hat, schürt Ängste, befeuert die Gerüchteküche. Spekulationen machen die Runde, jemand habe Atomanlagen fotografiert, um Terroranschläge vorzubereiten. Wenn Greenpeace Frankreichs Atomkraftbetreiber narrt, wissen die Franzosen wenigstens, woran sie sind. Diesmal tappen sie im Dunkeln.