Die Affäre um die Verwicklung von Abgeordneten in Geschäfte mit Corona-Masken zieht Kreise. Auch in der Unionsfraktion ist die Empörung über Parteikollegen groß. Die SPD sieht den Gesundheitsminister und die Kanzlerin in der Verantwortung.

Berlin - In der Affäre um Geschäfte von Bundestagsabgeordneten der Union bei der Beschaffung von Corona-Masken wächst der Druck auf den CDU-Politiker Nikolas Löbel. Die baden-württembergische CDU-Spitzenkandidatin Susanne Eisenmann fordert ihren Parteifreund indirekt zum Rückzug auf. „Es ist inakzeptabel, wenn sich Parlamentarier in dieser schweren Krise mit der Maskenbeschaffung bereichern“, sagte Eisenmann, Spitzenkandidatin ihrer Partei bei der Landtagswahl in einer Woche, dem „Spiegel“. „Das erschüttert das Vertrauen in die parlamentarische Demokratie. Ich erwarte, dass der Betroffene den Sachverhalt aufklärt und die nötigen Konsequenzen daraus zieht.“

 

Löbel räumte Fehler ein

Der Mannheimer CDU-Abgeordnete Löbel hatte am Freitag eine Beteiligung an Geschäften mit Corona-Schutzmasken bestätigt. Löbels Firma hat demnach Provisionen von rund 250 000 Euro kassiert, weil sie Kaufverträge über Masken zwischen einem baden-württembergischen Lieferanten und zwei Privatunternehmen in Heidelberg und Mannheim vermittelt hatte. Löbel räumte Fehler ein und zog sich aus dem Auswärtigen Ausschuss des Bundestags zurück. Aus der Union werden nun aber Forderungen laut, Löbel müsse auch seine Kandidatur für den nächsten Bundestag so schnell wie möglich zurückzuziehen.

Baden-Württembergs CDU-Generalsekretär Manuel Hagel schrieb bei Twitter mit Blick auf die Geschäfte: „Es beschämt mich!“ Bei der Bewältigung der Corona-Krise trügen Politiker eine besondere Verantwortung. Doch„Wer sich mit lebensnotwendigen Gütern wie Masken die eigenen Taschen vollmacht, vertritt nicht das Volk, sondern niederste Interessen.“ Das Fehlverhalten Einzelner sei auch „ein Schlag ins Gesicht aller aufrichtigen Abgeordneten, Funktions- und Mandatsträger sowie Mitglieder unserer CDU“.

Führung verurteilt Geschäfte von Abgeordneten

SPD-Chef Norbert Walter-Borjans forderte die Union auf, fragwürdige Geschäfte ihrer Abgeordneten offenzulegen. „Jeder Anschein von Vetternwirtschaft ist Gift für das so notwendige Vertrauen der großen Mehrheit in die politische Führung. Deshalb müssen die Ungereimtheiten bei der Maskenbeschaffung restlos aufgeklärt werden“, sagte Walter-Borjans dem Sender ntv.de. „Da stehen der Bundesgesundheitsminister, aber auch die Bundeskanzlerin in der Verantwortung.“

Die Führung der Unionsfraktion hatte Geschäfte von Abgeordneten bei der Maskenbeschaffung bereits am Freitag scharf verurteilt. „Ein Tätigwerden im Rahmen des Mandats darf nicht mit persönlichen finanziellen Interessen verbunden werden“, schrieben Fraktionschef Ralph Brinkhaus (CDU) und CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt an alle Abgeordneten der Union. „Wir sagen daher sehr deutlich, das Beziehen von Geldleistungen für die Vermittlung von medizinischer Schutzausrüstung im Rahmen der Pandemiebekämpfung von Abgeordneten stößt auf unser vollkommenes Unverständnis und wird von uns entschieden verurteilt.“

Der Vorsitzende der Linksfraktion im Bundestag, Dietmar Bartsch, nahm den Unionsfraktionschef in die Pflicht. „Ralph Brinkhaus muss umgehend reinen Tisch machen und erklären, wie viele Mitglieder seiner Fraktion sich in der Krise eine goldene Nase verdient haben oder dies versucht haben“, sagte Bartsch den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Online, Print Montag). Außerdem solle das Gesundheitsministerium „jegliche Kommunikation offenlegen, die in der Pandemie zwischen Abgeordneten, Wirtschaft und Ministerium stattgefunden hat“.

Nüßlein legte Amt nieder

Bartsch betonte: „Dass Abgeordnete der Union so gierig und ehrlos sind, sich persönlich an dieser Krise zu bereichern, ist unanständig.“ Den Verzicht des CSU-Bundestagsangeordneten Georg Nüßlein auf eine neuerliche Kandidatur für den Bundestag wertete er als „klares Schuldeingeständnis“.

Nüßleins Anwalt hatte am Freitag angekündigt, dass sich der 51-Jährige wegen der gegen ihn laufenden Korruptionsermittlungen aus der Bundespolitik zurückzieht. Nüßlein legte auch das Amt als Vizevorsitzender der Unionsfraktion nieder, das er zunächst ruhen gelassen hatte.

Gegen den Parlamentarier wird wegen des Anfangsverdachts der Bestechlichkeit im Zusammenhang mit dem Ankauf von Masken ermittelt. Die Ermittler hatten deswegen in der vergangenen Woche 13 Objekte in Deutschland und Liechtenstein durchsuchen lassen, darunter Nüßleins Bundestagsbüro und sein Wahlkreisbüro im schwäbischen Günzburg.