Druck auf die Ampelkoalition wächst Vorschlag für zeitnahe Impfpflicht
Das Ringen um die Impfpflicht hält an: Von den Grünen kommt die Idee für einen Stufenplan. Die Union macht Druck, und in der FDP ist tiefe Skepsis erkennbar.
Das Ringen um die Impfpflicht hält an: Von den Grünen kommt die Idee für einen Stufenplan. Die Union macht Druck, und in der FDP ist tiefe Skepsis erkennbar.
Stuttgart - Kanzler Olaf Scholz (SPD) will sich nicht auf einen Zeitplan für die Einführung einer allgemeinen Corona-Impfpflicht festlegen. „Der Bundeskanzler überlässt es dem Bundestag, wie er den Zeitplan jetzt gestalten will“, sagte Vizeregierungssprecherin Christiane Hoffmann am Montag. Der SPD-Fraktionsvize Dirk Wiese hat Berichten widersprochen, denen zufolge eine Impfpflicht frühestens im Mai oder Juni kommen könne. „Der Februar hat in der Tat nur eine Sitzungswoche. Bundestag und Bundesrat können aber jederzeit Sondersitzungen ansetzen, falls erforderlich“, sagte Wiese der Agentur Reuters. Er betonte, dass eine allgemeine Impfpflicht ohnehin perspektivisch erst im nächsten Herbst oder Winter wirke.
Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) hat bei ihrem Italien-Besuch bekräftigt, dass sie eine Impfpflicht in Deutschland für sinnvoll hält. Aus ihrer Partei kam vom Gesundheitsexperten Janosch Dahmen der Vorschlag für ein zweistufiges Vorgehen hin zur allgemeinen Corona-Impfpflicht. Diese helfe jetzt nicht in der Omikron-Welle, sondern schütze bestenfalls in der Herbst-Winter-Saison vor weiteren Wellen, so der Grünen-Bundestagsabgeordnete im Deutschlandfunk. Daher solle man nun in einem nächsten Schritt die einrichtungsbezogene Impfpflicht auf Bereiche wie Feuerwehr, Polizei oder Justizvollzug ausweiten und dann zur allgemeinen Impfpflicht kommen. Der Sozialminister von Baden-Württemberg, Manfred Lucha (Grüne), hofft trotzdem auf eine rasche Parlamentsarbeit. Er sagte: „Ich erwarte, dass der Bundestag zeitnah in die Gesetzgebung zur Impfpflicht einsteigt. Es darf keine Verzögerungen geben. Ähnlich verhält es sich mit der Einführung eines Impfregisters, das wir zwingend brauchen.“ Die Impfungen seien der Schlüssel zur Bewältigung der Pandemie. Auch bei Omikron verhindere die Impfung – vor allem der Booster – meistens einen schweren Verlauf.
Druck kommt auch von der Union: „Würde es die Ampelregierung mit der Impfpflicht ernst meinen, hätte sie nach der Ankündigung von Olaf Scholz im November einen Gesetzentwurf vorgelegt und ins Parlament eingebracht. Stattdessen spielt die Regierung auf Zeit, weil sie intern gespalten ist“, sagte der gesundheitspolitische Sprecher der CDU/CSU, Tino Sorge, unserer Zeitung.
Klar sei, dass eine Impfpflicht im Herbst oder Winter zu spät käme. Als Union sei man schon vor Wochen für parlamentarische Beratungen bereit gewesen, so Sorge. „Doch die Bundesregierung weigert sich bis heute, ihren Planungsstand öffentlich zu machen. Bei allen unbequemen Fragen bleibt sie Antworten schuldig.“ Dabei sei es aus juristischer, medizinischer und ethischer Sicht völlig offen, wie und für wen eine Impfpflicht praktikabel wäre, sagte Sorge. „Entscheidend für eine Impfpflicht wird auch sein, wie gut die neue Generation von Impfstoffen gegen Varianten wie Omikron schützt.“ Nur ein guter Schutz könne es rechtfertigen, die Impfung zur Pflicht zu machen.
Ähnliche Fragen wirft auch Andreas Jung, Sprecher der CDU-Landesgruppe Baden-Württemberg im Bundestag, auf: „Es sind neue aggressive Varianten des Virus aufgetreten, die die Annahmen zum Verlauf der Pandemie konterkarieren. Daher kann es sein, dass das von Beginn an angestrebte Ziel eines Gemeinschaftsschutzes nur mit einer Neubewertung der Impfpflicht für Erwachsene erreicht werden kann.“ Im Gegensatz dazu hat die FDP-Politikerin Linda Teuteberg vor falschen Versprechen gewarnt. Man wisse inzwischen, dass die Corona-Impfung keinen absoluten Schutz vor Ansteckung biete und auch Geimpfte das Virus übertragen können. „Eine sterile Immunität und einen lebenslangen Schutz wie bei der Impfung gegen Pocken und Masern werden wir damit nicht erreichen“, sagte sie dem Evangelischen Pressedienst.