Die Behandlung in einer Druckkammer kann Leben retten. Doch der Staat und die Kassen bringen die Betreiber immer wieder in wirtschaftliche und personelle Nöte.

Ludwigsburg - Anfang November soll es so weit sein: Das Stuttgarter Druckkammerzentrum in der Heilbronner Straße (DCS) wird unter hohem logistischem Aufwand ins Untergeschoss des Klinikums Ludwigsburg ziehen. Die Meldung hat in der Stuttgarter Kommunalpolitik einigen Wirbel ausgelöst. Doch die Landeshauptstadt kann sich mit einem Fakt trösten: in Cannstatt gibt es noch eine Praxisgemeinschaft mit einer baugleichen Druckkammer, die von Anästhesisten des „Chirurgie Centrums“ betreut wird.

 

Dennoch gibt es einen bedeutenden Unterschied. Aufgrund der „fehlenden Vergütung einer Rufbereitschaft durch die Krankenkassen“ gebe es in Cannstatt keine Betreuung rund um die Uhr, erläutert der dortige Anästhesist Thomas Fritz. Die Kollegen in der Heilbronner Straße versuchen dies gleichwohl – auch wenn sie sich dadurch einem beträchtlichen wirtschaftlichen Risiko aussetzen.

Zoff mit der Beihilfe

Jüngstes Beispiel für die finanziellen Risiken einer Druckkammertherapie ist der Fall einer inzwischen verstorbenen Lehrerin aus dem Rems-Murr-Kreis. Die Frau litt unter einer schweren nekrotisierenden Fasziitis – einer durch Bakterien ausgelösten heftig verlaufenden Infektion der Unterhaut und des Bindegewebes. Wäre die Patientin des Klinikums Ludwigsburg nicht in der Druckkammer in der Heilbronner Straße mehrfach behandelt worden, dann wäre sie wohl viel früher gestorben.

Dennoch musste der Mann gleich zwei Schläge hinnehmen. Er hatte nicht nur den Tod seiner Frau zu verkraften, sondern musste sich auch noch mit dem Landesamt für Besoldung und Versorgung (LBV) wegen der Behandlungskosten herumstreiten. Die staatliche Beihilfeeinrichtung zahlt üblicherweise rund die Hälfte der Behandlungskosten für Beamte. Doch im Falle der Frau weigerte sich das LBV, für die rund 5000 Euro aufzukommen. Fachliche Begründungen für die Absage habe es keine gegeben. „Das hat mich am meisten geärgert: völlige Ignoranz gepaart mit Inkompetenz“, sagt der Mann. „Das macht einen als Betroffenen rasend, wenn man so kalt abgebügelt wird.“ Er klagte beim Verwaltungsgericht Stuttgart – ohne anwaltlichen Beistand. „Ich war von Anfang an überzeugt, dass ich im Recht bin.“ Doch zu einer mündlichen Verhandlung kam es nicht. Nach mehreren Schriftwechseln – fachlichen Expertisen der Ludwigsburger Klinikärzte inklusive – habe sich das LBV einsichtig gezeigt. Die Kosten für die Behandlung – plus Prozesskosten – werden nun doch übernommen. Zum Jubeln ist dem Witwer nach dieser Monate währenden Tortur gleichwohl nicht zumute.

„Der Bedarf wird ignoriert“

Von Fällen wie diesen kann Ralf Schäfer, Leiter der Stuttgarter DCS, ein Lied singen. Auch er musste hinter der Erstattung der Behandlungskosten schon öfter herrennen – etwa bei einem Vater mit vier Kindern in Heilbronn. Nach einem Wohnungsbrand war die Familie mit Rauchgasvergiftungen ins Krankenhaus eingeliefert worden. Nur dank einer schnellen Behandlung in der DCS sind die fünf heute wieder wohlauf. Doch erst nach sechs Jahren Rechtsstreit überwies die Kasse die 5000 Euro.

Nur dank der engen Kooperation mit dem Klinikum Ludwigsburg sei die DCS „nicht an unbezahlten Rechnungen kaputtgegangen“, sagt Schäfer. Da die Landespolitik (anders als etwa in Hessen) noch immer keinen offiziellen Versorgungsauftrag für eine Druckkammer ausgesprochen habe, habe auch er Probleme, die 24-Stunden-Versorgung sicherzustellen. 15 bis 20 Patienten müssten pro Jahr abgewiesen werden, weil er keinen Bereitschaftsdienst bezahlen könne. „Der Bedarf an Druckkammertherapien wird in Baden-Württemberg schlicht ignoriert“, sagt Schäfer.