Bei einer Drückjagd im westlichen Schönbuch laufen den Jägern 38 Sauen vor das Gewehr. Im Gültsteiner Revier fällt die Bilanz bescheidener aus. Dort sind die Tiere offenbar zu schlau.

Böblingen: Kathrin Haasis (kat)

Herrenberg - Die Jäger verzichten sogar aufs Anblasen. Die Wildsau soll schließlich nicht vorgewarnt werden. „Man hat den Eindruck, dass Schwarzwild durchaus intelligent ist“, sagt Joachim Diedler und lacht. Am Samstag haben die Tiere bei der Drückjagd in seinem Gültsteiner Revier den Jägern jedenfalls ein Schnippchen geschlagen: Nur drei starke Tiere sind ihnen vor die Flinte gelaufen. Vergangenes Jahr war es ein glattes Dutzend gewesen. „Keiner weiß, wohin sie sind“, sagt sein Mitpächter Martin Zweigart angesichts der mageren Ausbeute. Ein paar Tiere sind offenbar zu den Nachbarn gelaufen. Bei der revierübergreifenden Aktion im westlichen Schönbuch kam eine Strecke von 38 Wildschweinen, ebenso vielen Rehen und acht Füchsen zusammen – etwa so viel wie im vorigen Jahr. Allerdings ist das Ergebnis auch schon mal doppelt so hoch gewesen.

 

Die Treiber geben laut, um die Tiere aufzuscheuchen

„Auf geht’s“, ruft Thomas Massler pünktlich um 10 Uhr. In der Entfernung fallen gleich zwei Schüsse. Mit sieben Treibern durchkämmt der dritte Mitpächter der Gültsteiner Jagd den Wald. Sie tragen alle Warnwesten, stellen sich in einer Kette auf, und dann geht es quer durchs Unterholz und das Dickicht. „Hejo“, rufen sie und „Hussasa“. Mit Holzstöcken schlagen sie gegen Bäume, um Laut zu geben. Die Wildschweine sollen aufgeschreckt und zu einem der 60 im Revier verteilten Jäger getrieben werden. „Such, Little, auf geht’s“, befiehlt Thomas Massler seinem kleinen Parson-Russell-Terrier, der wie ein Blitz losrennt. Einen toten Fuchs spürt er auf, den einer der Jäger vom rund 50 Meter entfernten Ansitz aus geschossen hat. „Waidmannsheil“, ruft ihm Thomas Massler zu.

Ein Reh springt vorbei, kurz danach ergreift ein Hase die Flucht vor den Treibern. Vom Mönchberger Sattel bis zum Waldfriedhof kämpfen sich die sieben Männer und eine Frau. „Alles ruhig“, sagt Ursula Bendel, als sie am Hochsitz der Jägerin vorbeikommen, „ich habe nicht einmal ein Tier gesehen.“ Das Jagdjahr sei seltsam gewesen, sagt die Renningerin. Möglicherweise habe es wegen der Trockenheit weniger Tiere gegeben.

An der Gültsteiner Steige macht die Gruppe kehrt, nun müssen sie immer den Abhang entlang. Tagsüber verstecken sich die nachtaktiven Wildschweine in Brombeergestrüppen oder Fichtendickungen, „da, wo kein Mensch hinkommt“, sagt Thomas Massler. Kurz darauf Aufregung: Zwei Sauen brechen aus dem Unterholz aus, aber statt in den Wald, wo die Jäger warten, rennen sie auf die Wiese hinaus.

Auf das Abblasen wird nicht verzichtet

„Sie sind in zwei Meter Entfernung an mir vorbei“, erzählt Ruben Massler beim Vesper in einer nahe gelegenen Hütte. „Da ging mir der Puls schon hoch“, sagt der 22-jährige Jäger. Zwei große Kaliber seien es gewesen. Sein 57 Jahre alter Vater verteilt Getränke aus der Kühlbox, es gibt Pfefferbeißer und Blutwurst mit Senf. „Die werden auch immer schlauer“, sagt einer der Treiber und schüttelt den Kopf, „immer laufen sie anders.“ Weitere Schüsse hat seit dem Morgen auch keiner mehr gehört. Auf dem Rückweg berichtet ein Jäger von seinem Hochsitz aus, dass er nur zwei Mountainbiker gesehen habe, die verbotenerweise im Wald waren. „Aber so ist Jagd“, sagt er und reibt sich die Hände. Fünf Kilometer legen die Treiber in zweieinhalb Stunden zurück. „Schade“, sagt Martin Hirner, mit 78 Jahren der Älteste der Gruppe, am Mönchberger Sattel angekommen. „Sonst hat es immer links und rechts geballert.“

Am Waldrand wartet der Metzger. Er zieht sich Gummistiefel an und eine Schürze. Die Tiere werden an Ort und Stelle mit einer Marke versehen und aufgeschnitten. Der Tierarzt erhält eine Probe für die Trichinenschau. Sven Steidinger lächelt stolz. Der 29-Jährige aus Vöhringen hat eines der drei Wildschweine geschossen. „Direkt aufs Blatt“, sagt er, in die Schulter, die Motorik also, wo der Schuss treffen sollte. Das Tier kam von hinten angerannt, direkt an seinem Stand vorbei. Seit März hat der 29-Jährige den Jagdschein. „Das ist meine erste Sau“, sagt Sven Steidinger, „die vergisst man nicht.“

Ein Reisigbett hat Joachim Diedler für die toten Tiere bereitet. Zwei Stämme brennen wie Fackeln. Wenn schon nicht angeblasen wurde, aufs Abblasen der Strecke will der Jagdpächter nicht verzichten, „auch wenn sie bescheiden ist“.