Der Oberbürgermeister will dem Land zwei Hektar Fläche für den Neubau der Dualen Hochschule verkaufen. Doch das ist gar nicht so ohne Weiteres möglich.

Stuttgart - Oberbürgermeister Wolfgang Schuster (CDU) hat zwar angekündigt, Ende 2012 aus dem Amt zu scheiden – eine „lame duck“, eine lahme Ente, die, das Ende vor Augen, nichts mehr durchsetzen kann, will er aber nicht sein. Ein Projekt, das er noch voranbringen will, ist das Mobilitätserlebniszentrum mit der Firma Porsche in Bad Cannstatt, vor allem aber die Bündelung der verschiedenen Gebäude der Dualen Hochschule an einem Standort hinter dem Hauptbahnhof. Schuster hält als Standort für den Campus den Teilbereich C 1 des Stuttgart-21-Geländes für geeignet. Die Fläche im inneren Nordbahnhof könnte unabhängig vom Baufortschritt bei S 21 bebaut werden.

 

Unlängst erfolgte dort der Spatenstich für das berufliche Schulzentrum für Gesundheit, Pflege, Ernährung und Soziales. Seit Sommer 2011 verfolgt OB Schuster den Plan, auf etwa zwei Hektar des 13 Hektar großen Teilareals zwischen Gäubahn und Pragfriedhof die Duale Hochschule Baden-Württemberg (DHBW) mit 60 000 Quadratmeter Bruttogeschossfläche anzusiedeln. In einem Brief an die Wissenschaftsministerin Theresia Bauer bat er darum, „aufgrund der Lage und vielfältigen Synergien eine Ansiedlung zu prüfen“. Dass sich das Ministerium um eine zeitnahe und konstruktive Lösung bemühe, wie es darauf hieß, gelte weiter, teilte ein Sprecher unlängst mit. Allerdings möchte das Land das Grundstück möglichst günstig bekommen. Tatsächlich beläuft sich der durchschnittliche Wert für das unerschlossene Gelände auf rund 900 Euro pro Quadratmeter.

Eine Hochschule aus Holz?

Die Hochschule hat eine hohe, steigende Nachfrage, momentan gibt es rund 7000 Studierende, bis 2015 könnten es nach Ansicht von Rektor Joachim Weber sogar rund 8000 sein. In Stuttgart könne das Raumproblem nur durch das Anmieten unterschiedlicher Räume, häufig durch den Umbau von Büro- zu Seminarräumen auf über 15 Standorte verteilt, vorübergehend gelöst werden. OB Schuster sagt: „Es lohnt sich aus unserer Sicht, den Standort zu prüfen. Nicht zuletzt ließe sich hier modellhaftes Bauen realisieren – vielleicht sogar eine Hochschule aus Holz.“

Bei Rektor Weber rennt er offene Türen ein. Die Schule sei momentan an über 20 Standorten in der Stuttgarter Innenstadt und in Horb verteilt. „Diese Zersplitterung in viele Einzelstandorte macht ein Zusammengehörigkeitsgefühl schwierig und lässt ein erkennbares Erscheinungsbild in der Öffentlichkeit kaum zu“, argumentiert er. Durch die räumliche Verteilung seien dem Aufbau von Zentraleinrichtungen, Laboren und einer Mensa klare Grenzen gesetzt. Gleichzeitig sei die beengte Unterbringung – derzeit fehlten etwa 3000 Quadratmeter Nutzfläche – ein Problem.

Probleme im zweierlei Hinsicht

„Ein Neubauprojekt für die gesamte DHBW Stuttgart, das unser Studienangebot vereint, um ein gemeinschaftliches Campus-Gefühl zu schaffen, ist die Lösung. Deshalb wäre ein zentraler Standort, wie beispielsweise das Rosensteinviertel, ideal“, erklärte Weber, der gerne zum 40-Jahr-Bestehen der Hochschule 2014 die Einweihung des eigenen Campus feiern würde. Das Vorhaben wirft allerdings in zweierlei Hinsicht Probleme auf: Der Oberbürgermeister hat eigens für das Zukunftsquartier Rosenstein eine Ideenwerkstatt ins Leben gerufen mit der Idee, den Bürgern die Chance zu geben, „im Dialog mit Experten, bei Diskussionen und in Bürgerforen selbst zu bestimmen, was auf dem Gelände gebaut wird“. Wie diese durchaus hehre Absicht mit seinem unabgestimmten Plan übereinstimmen soll, einen Campus zu errichten, ist eine der vielen ungelösten Fragen im Stuttgarter Rathaus.

Abgesehen von diesem neuerlichen Alleingang widerspräche das Vorhaben derzeit auch allen vorliegenden Konzepten wie etwa dem Rahmenplan, dem Flächennutzungsplan und dem Regionalplan – alle sehen auf dem C-Gelände einen Wohnungsbauschwerpunkt mit entsprechender Nahversorgung vor. Die Stadt selbst kalkuliert dort mit 1500 Wohneinheiten für mehr als 3500 Menschen.

Probleme mit dem Lärmschutz

Auch das Ausmaß des Individualverkehrs wäre im Falle der Hochschulansiedlung trotz der Stadtbahnanbindung ein kniffliges Thema. Die Haltestelle ist heute schon überlastet. Die Bezirksvorsteherin von Mitte, Veronika Kienzle, verweist zudem auf die Zustände am heutigen Standort: Die Studierenden parkten dort das gesamte Gebiet zu. Die schlechte Erreichbarkeit des Nordbahnhofviertels lasse befürchten, dass der Anteil des ÖPNV schlechter werde. Ein CO2-freies Gebiet, wie es dem OB hinterm Bahnhof vorschwebt, ist damit nicht zu erreichen.

Schuster verweist auf die Probleme mit dem Lärmschutz, die der Wohnungsbau für das Projekt Wagenhallen bringen könnte – das sehen auch deren Betreiber Gutbrod und Mellmann kritisch. Dann schon lieber eine Hochschule in der Nachbarschaft.