Baden-Württembergs Umweltminister Franz Untersteller (Grüne) will, dass deutlich mehr Wertstoffe als bisher recycelt werden. Sein Konzept hätte Folgen für die Dualen Systeme in Deutschland.

Stuttgart - In der seit Jahren ergebnislos dahinplätschernden Debatte über ein neues Wertstoffgesetz hat jetzt Baden-Württembergs Umweltminister Franz Untersteller (Grüne) einen Kompromissvorschlag vorgelegt, der auf eine Abschaffung des Dualen Systems abzielt. Der Gelbe Sack fällt weg, an dessen Stelle tritt eine Wertstofftonne, die nicht nur Verpackungen aufnimmt, sondern auch sogenannte stoffgleiche Nichtverpackungen.

 

Wem dieser Terminus nicht geläufig ist, bekommt von Umweltminister Beispiele an die Hand: Küchenschüsseln, in denen der Spätzlesteig angerührt wurde, gehören nach ihrer Ausmusterung ebenso in den Wertstoffbehälter wie der Spätzlesschaber. Blumentöpfe aus Plastik oder die Bratpfanne, Kinderspielzeug – was bisher eher verschämt und entgegen den Regeln in den Gelben Sack gestopft wurde, soll künftig der Wertstofftonne willkommen sein.

Wald, Wiesen, Steine und ein bisschen Salz

Zu den zentralen Zielen des Konzepts, das mit sieben weiteren Landesregierungen abgestimmt ist, gehört eine höhere Wiederverwertungsquote. Denn diese liegt laut Untersteller beim Gelben Sack bei unter 20 Prozent – ein Zustand, den nicht nur Untersteller, sondern auch Ministerpräsident Winfried Kretschmann für dringen korrekturbedürftig hält. Schließlich sei Baden-Württemberg ein rohstoffarmes Land: „Wald, Wiesen, Steine und bei Heilbronn ein bisschen Salz, mehr haben wir nicht“, sagt Untersteller. Da müsse man mit Wertstoffen haushalten. Sieben Kilo Wertstoffe sollen pro Einwohner und Jahr mit dem neuen Konzept der Verwertung zugeführt werden. Ziel ist, die Recyclingquote auf über 50 Prozent zu heben.

Ein weiterer Kernpunkt des Vorschlags, der bei den Freidemokraten die Alarmglocken schrillen lässt, ist die Übertragung der Organisationsverantwortung für das Sammeln der Wertstoffe auf die Kommunen. FDP-Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke schimpft, Grün-Rot befinde sich mit der „Rekommunalisierung der Abfallwirtschaft auf dem Holzweg“. Umweltminister Untersteller weist den Begriff der Rekommunalisierung indes zurück. Die Kommunen könnten durchaus das Wertstoffsammeln auf Private übertragen. Die Wertstoffverarbeitung liege ohnehin wie bisher bei der Privatwirtschaft. Die Ausschreibungen sollen über eine „zentrale behördliche Stelle“ laufen, die auch überwacht, dass sich Hersteller und Vertreiber von Verpackungen und Produkten an der Finanzierung der Wertstofferfassung und -verwertung beteiligen. Die Lizenzentgelte werden nach ökologischen Kriterien gestaffelt. Schwerer recycelbare Mischkunststoffe sollen teuer, leicht recycelbare Monokunststoffe günstiger werden.

Duale Systeme überflüssig

Unterstellers Konzept kennt auch Verlierer: „Mit einem solchen Wertstoffgesetz sind die Dualen Systeme in der heutigen Form überflüssig“, sagt er. Nach einer Untersuchung des Bundeskartellamts lagen die Umsätze der Dualen Systeme im Jahr 2011 bei 941 Millionen Euro. Die Kosten für die Dualen Systeme für die Entsorgung betrugen 824 Millionen Euro. Damit verblieben ihnen 117 Millionen Euro – Geld, das Untersteller zu Gunsten der Verbraucher sparen will. Der Grüne Punkt wurde 1990/1991 eingeführt, um der Müllberge durch Recycling Herr zu werden. Die Organisation der Verpackungsmüllentsorgung übernahm das Duale System Deutschland. Das private Unternehmen vergibt den Grünen Punkt an Verpackungsfirmen und kassiert Lizenzgebühren. Mittlerweile gibt es zehn Duale Systeme.