Marie-Luise Buchholz ist für ihren Einsatz im Pfarrfrauendienst Württemberg mit der höchsten Auszeichnung der Evangelischen Landeskirche geehrt worden. Auch in anderen Bereichen engagiert sie sich. Dadurch bleibe man offen, sagt sie.

Dürnau - Sie kann gut zuhören und ist gerne für andere da. Einmal selbst im Mittelpunkt zu stehen ist eine Rolle, in der Marie-Luise Buchholz aus Dürnau nur wenig Übung hat. Deshalb wäre sie auch nie auf die Idee gekommen, dass ihr einmal die höchste Auszeichnung der Evangelischen Landeskirche zuteilwird: die silberne Brenz-Medaille. „Das ist zu viel der Ehre“, sagt sie, als wundere sie sich immer noch, „Ehrenämter gelingen nie alleine.“

 

Im Gespräch, das im Schatten eines großen Haselnussbaums im Buchholz’schen Garten stattfindet, erzählt sie vom Pfarrfrauendienst Württemberg, ohne auch nur ein einziges Wort über sich selbst zu verlieren. Dabei hat sie diese Arbeitsgemeinschaft als Vorsitzende über Jahre hinweg geprägt. Für dieses Engagement wurde ihr nun die silberne Brenz-Medaille verliehen. Sie winkt ab und schwenkt – eleganter kann man sich kaum verstecken – zu Katharina von Bora. Die Ehefrau Martin Luthers, 1499 geboren, habe die Rolle der Pfarrfrau erst geschaffen und die Messlatte auch gleich hoch gehängt. „Sie war eine absolute Vorzeigefrau“, stellt Marie-Luise Buchholz klar. Sie sei ihrer Zeit weit voraus gewesen. Sie habe nicht nur für das Einkommen der Familie gesorgt, mutig habe sie auch die reformatorischen Freiheiten gelebt, keine Selbstverständlichkeit in jener Zeit. Mit diesem Fixstern vor Augen hätten Generationen von Pfarrfrauen ihre Rolle gesucht. Kein leichtes Unterfangen, wie Marie-Luise Buchholz findet. Denn auf die Frau eines Pfarrers seien stets alle Blicke gerichtet.

Einsamkeit ist eine stete Wegbegleiterin

Sie weiß, wovon sie spricht. Sie ist diesen Weg an der Seite ihres Mannes Christian Buchholz selbst gegangen. Die heute 70-Jährige erinnert sich noch gut an die erste Zeit als Frau des Pfarrers. In einer Stuttgarter Gemeinde war das. Sie war 27 Jahre alt, hatte ihren geliebten Beruf als Realschullehrerin aufgegeben, so wie das damals üblich war, und fragte sich, wer sie denn nun eigentlich sei. Es machte die Sache nicht einfacher, dass ihr oft ein rauer Wind entgegenschlug. Die einen störten sich daran, dass sie selbst die Fenster putzte, andere beneideten sie um ihr Wohnrecht im Pfarrhaus. Dass dieses Domizil recht zugig war, interessierte niemanden. Außerdem musste sie mit Einsamkeit zurechtkommen, auch als die drei Kinder schon da waren. „Die Abende und Wochenenden des Pfarrers sind belegt, und man findet auch nicht so leicht Freunde im Pfarrhaus“, sagt sie.

In dieser Situation kam der noch junge Pfarrfrauendienst ins Spiel. Er wurde zu einer wichtigen Station im Leben von Marie-Luise Buchholz. Sie begegnete dort Elisabeth Moltmann-Wendel, einer bekannten Vertreterin der feministischen Theologie. „Sie ermutigte mich, mir Zeit zu lassen und meinen eigenen Weg zu finden.“ Den hat sie gefunden, nicht zuletzt als treibende Kraft im Pfarrfrauendienst.

Eine gerechtere Welt ist ihr ein Anliegen

Sie sah es als eine lohnende Aufgabe an, andere Pfarrfrauen dabei zu unterstützen, den schwierigen Spagat an der Nahtstelle zwischen öffentlich und privat hinzubekommen. Sie organisierte Seminare über die verschiedensten Themen, etwa auch eine Tagung für Mütter mit „Stillkindern“, zu jener Zeit ein Novum. Auf der Tagesordnung standen aber auch die gesellschaftlichen Umbrüche und ihre Auswirkungen auf das Leben im Pfarrhaus. Ein Schwerpunkt sei auch das (Tabu-)Thema Scheidung. Auch viele Pfarrersehen seien nicht mehr für die Ewigkeit geschlossen.

Dass sie trotz ihres ehrenamtlichen Engagements mit 50 Jahren wieder halbtags als Lehrerin arbeiten durfte, empfindet sie als Geschenk. Als ihr Mann vor acht Jahren in den Ruhestand ging, gab sie den Vorsitz des Pfarrfrauendienstes ab. Langeweile kommt dennoch nicht auf. Marie-Luise Buchholz setzt sich in vielen Bereichen ein, im örtlichen Arbeitskreis Asyl etwa. Es ist ihr ein Anliegen, an einer gerechteren Welt mitzuwirken. Da ist sie ganz Enkelin ihres Großvaters. Er war der Grund, dass sie sich von jung an in der Aktion Sühnezeichen engagierte. „Mein Großvater war Kommunist. 1933 kam er ins KZ. Er überlebte, er war nicht gebrochen, aber verletzt.“

Pfarrfrauen, Pfarrmänner

Die Johannes-Brenz-Medaille ist die höchste Auszeichnung der Evangelischen Landeskirche. Sie wurde benannt nach dem Reformator Johannes Brenz (1499–1570). Es gibt sie in Silber und Bronze. Träger der silbernen Medaille sind unter anderem Helmuth Rilling, der Gründer der Stuttgarter Bach-Akademie, und das SPD-Urgestein Erhard Eppler.

Die Arbeitsgemeinschaft wurde 1971 mit dem Ziel ins Leben gerufen, Pfarrersfrauen zu unterstützen. Der Dienst befasst sich mit den verschiedensten Themen wie Rollenerwartungen, Berufstätigkeit von Pfarrfrauen, Ehekrisen im Pfarrhaus. Da es inzwischen auch Pfarrerinnen gibt, wurde ein Arbeitskreis der Pfarrmänner gegründet.